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Altersdiskriminierung („Ageism“)

Im Arbeitsleben wird häufig nach dem Alter von Bewerbern oder Arbeitnehmern differenziert. Das ist manchmal zulässig, im Regelfall aber nicht.

In unserem letzten Beitrag hatte ich mich mit dem Thema Befristung auseinandergesetzt. Dabei fiel besonders auf, dass befristete Arbeitsverträge in der Altersgruppe der 25 bis 34-jährigen sehr häufig auftreten. Andererseits sind viele ältere Arbeitnehmer gar nicht mehr in der Lage eine Anstellung zu finden, wenn sie – aus welchen Gründen auch immer – ein Unternehmen verlassen haben.

Liegt das am Alter der Arbeitnehmer oder an anderen Faktoren?


Wohl an beidem: Sachgrundlose Befristungen eines Arbeitsverhältnisses können nur für die Dauer von 2 Jahren vereinbart werden, bei arbeitslosen Arbeitnehmern über 52 auch für 5 Jahre. Die meisten älteren Arbeitnehmer sind aber seit mehr als 2 Jahren in ihren jeweiligen Firmen. Wenn diese Arbeitnehmer das Unternehmen freiwillig wechseln, geschieht dies aus einer ungekündigten Position. Sie werden also kaum befristete Arbeitsverhältnisse eingehen. Wurden sie gekündigt, finden sie häufig keine neue Anstellung. Arbeitgebern ist dann aber so gut wie nie nachzuweisen, dass das am Alter der Bewerber liegt.

Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Alters, egal ob alt oder jung, nicht anders behandelt werden.


Das Gesetz lässt aber Ausnahmen zu, wenn die Ungleichbehandlung angemessen ist und einem legitimen, wichtigen Zweck dient. Ist das nicht der Fall, handelt es sich um eine Altersdiskriminierung.

Deshalb sind Stellenausschreibungen, in denen explizit nach „jungen Mitarbeitern“, „Mitarbeiter/in für ein junges, dynamisches Team“ oder ähnliches gesucht wird, im absoluten Regelfall auch nicht erlaubt. Da hierfür Schadenersatz von oftmals 3 Monatsgehältern fällig werden kann, ist das zum Glück selten geworden.

Im Bereich Altersdiskriminierung gab es in den vergangenen Jahren daneben zahlreiche Entscheidungen der Arbeitsgerichte, des Verfassungsgerichts und des europäischen Gerichtshofs, da Regelungen die nach dem Alter einer Person unterscheiden, nach wie vor häufig sind.

Jahresurlaub nach Alter ist ungleiche Behandlung


Vom Bundesarbeitsgericht wurden in den letzten Jahren viele Regelungen in Tarifverträgen gekippt, nach denen mehr Jahresurlaub gewährt wird, je älter die Arbeitnehmer sind. Eine plausible Erklärung dafür, warum Arbeitnehmer mit zum Beispiel 29 Jahren weniger Urlaub brauchen als 30-jährige, gab es nicht. Deshalb war die Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt. Ähnliche Regelungen gibt es in Verträgen auch heute noch. Inzwischen orientieren sie sich aber nicht mehr am Lebensalter, sondern an der Betriebszugehörigkeit.

Beschäftigungszeiten und Kündigungsfrist


Auch eine Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) wurde bereits im Jahr 2010 vom europäischen Gerichtshof (EuGH) für unwirksam erklärt. Danach sind Beschäftigungszeiten bei Arbeitnehmern für die Berechnung der gesetzlichen Kündigungsfrist nicht mit zu berücksichtigen.. Dieser Satz steht noch immer in § 622 BGB, er darf zwar nicht mehr angewendet werden, der Gesetzgeber konnte sich aber bisher offenbar noch nicht dazu durchringen, den Satz zu streichen.

Maximale Altersgrenzen bei Ausbildung und Einstellung


Hauptsächlich sind von Altersdiskriminierung aber ältere Arbeitnehmer betroffen. In vielen Berufen gelten maximale Altersgrenzen schon für die Einstellung. Für Pilotenausbildungen wurde teilweise ein Höchstalter von 27 Jahren festgelegt, für Feuerwehren 30 Jahre und für Beamte allgemein gibt es in manchen Bundesländern Regelungen, die verlangen, Beamte dürften bei der Einstellung nicht älter als 40 oder 45 Jahre sein.

Die Feuerwehr Frankfurt konnte vor Gericht sehr genau belegen, warum für die körperlich sehr fordernde Arbeit bei der Feuerwehr eine Mindestanzahl an jungen, körperlich leistungsfähigen Menschen notwendig ist. Sie kann sich deshalb auf eine Ausnahme berufen. Das mag auch für einzelne andere Berufe im öffentlichen Dienst zutreffen. Für sonstige Beamte wird eine generelle Altersgrenze deshalb für gerechtfertigt angesehen, da diese Anspruch auf beamtenrechtliche Versorgung haben und ihre Lebensleistung im Verhältnis zur Altersversorgung stehen soll.

Bei der Pilotenausbildung lag offensichtlich kein Grund für eine Andersbehandlung vor. Überhaupt Piloten: Sie wurden von deutschen Fluggesellschaften lange mit 60 Jahren in Rente geschickt, weil sie danach angeblich körperlich nicht mehr belastungsfähig genug sind, um den erheblichen körperlichen Anforderungen, insbesondere an Stressresistenz und Reaktionsvermögen, zu genügen. Nachdem andere europäische Airlines ihre Mitarbeiter erst mit 65 in Rente schicken und bei diesen keine höheren Unfallzahlen festzustellen waren, wurde diese Regelung für unwirksam erklärt. Passagier- und Frachtflüge dürfen Piloten über 65 aber – trotz dem in Deutschland schrittweise angehobenen Rentenalter – weiterhin nicht durchführen. Sie können ihre Erfahrung aber zum Beispiel als Prüfer und Lehrer weitergeben und müssen als solche auch beschäftigt werden.

„Ageism“ in Zeiten des Fachkräftemangels


Letztlich zeigt sich in dieser Regelung aber das häufig gehörte Vorurteil: Ältere Arbeitnehmer sind weniger leistungsfähig. Das mag in manchen, körperlich besonders belastenden Berufen auch stimmen. An vielen anderen Stellen kann aber die über ein gesamtes Berufsleben erworbene Erfahrung von unschätzbarem Wert sein. Gerade in Berufen, in denen die Zahl der offenen Stellen größer ist als die Zahl der Bewerber, lohnt es sich, darüber nachzudenken.


Rechtsanwalt Benjamin Wunderle von der Berliner Kanzlei MAYR ist unser Rechtsratgeber in Sachen Arbeitsrecht.

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