©pic by Vannomaden

„Auch der schönste Schreibtisch der Welt ist nur ein Schreibtisch“

Kathi Lanz von den Vannomaden über mobiles Arbeiten, das Leben im Van und warum es auch im Büro ganz nett sein kann

 

DESIGNERDOCK: Du und dein Partner Paul seid unter dem Namen Vannomaden seit 2016 in ganz Europa unterwegs und arbeitet, von wo immer ihr wollt. Wo seid ihr denn gerade?

 

Kathi Lanz: Ganz aktuell sind wir im Allgäu, dort haben wir seit ein paar Jahren auch eine feste Basis. Morgen soll’s aber nach Österreich gehen, das bereiten wir gerade vor.

 

Vorbereiten klingt ja fast wie Arbeit… Wie muss man sich denn den Alltag als Vannomade vorstellen?

 

Kathi Lanz: Also wir sind schon relativ strukturiert in unserer Herangehensweise. Gerade am Anfang haben wir viel mehr gearbeitet als wir gedacht hätten. Und dazu kamen dann ganz schnell organisatorische Learnings. Es ist zum Beispiel schwierig unterwegs zu arbeiten, wenn du große Dateien hochladen musst und ständig das Netz wegbricht. Deshalb planen wir das alles immer gut. Wir fragen uns immer, was wir eigentlich vorhaben an diesem Tag – eher Freizeittag oder Fahrtag oder Arbeitstag? Wenn wir nur arbeiten, muss es halt nicht der schönste Ort der Welt sein, da ist gutes Netz wichtiger. Das kann dann auch mal ein Sonntag sein, weil es halt besser passt und wir dann am Montag an einen schönen Ort fahren und eben dann snowboarden, surfen, wandern, was auch immer. Und manchmal klappt es ja auch, dass wir spontan was machen können: Paul zum Beispiel steht oft sehr früh auf, bevor die Welt wach ist, und erledigt seine Sachen. Wenn wir gerade am richtigen Ort sind, gehen wir dann einfach vormittags zum Beispiel Snowboarden und mittags dann wieder an die Arbeit.

 

Nimmt man die Schönheit der Orte eigentlich noch wahr, wenn man parallel an einem Projekt arbeiten muss?

 

Kathi Lanz: Absolut, das saugt man extrem auf! Für mich als Kreative ist das auch immer eine große Inspirationsquelle: die Natur, die Landschaften. Aber klar, es gibt auch Momente, in denen man das Gefühl hat, etwas zu verpassen, weil man arbeitet. Wir waren mal zwei Wochen auf den Lofoten und parallel die ganze Zeit gebucht für ein Projekt. Und das war natürlich schon schade. Auch der schönste Schreibtisch der Welt ist eben nur ein Schreibtisch.

 

A propos – wo ist es denn am schönsten in Europa?

 

Kathi Lanz: Oh, das ist schwer zu sagen, da hat wahrscheinlich jeder eine andere Präferenz. Wir haben uns auf jeden Fall in den finnischen Winter verliebt. Mit verschneiten Blumenkohl-Wäldern, einem rosa Himmel und Nordlichtern. Aber echt nur im Winter, im Sommer sind da zu viele Mücken.

 

Und wo gibt es das beste Internet?

 

Kathi Lanz: Ich würde sagen in Skandinavien. Und das schlechteste in ländlichen Regionen hier in Deutschland. Immer noch. Du fährst im Bayerischen Wald mit dem Van um eine Ecke – und plötzlich ist alles weg. (lacht)

 

Ihr arbeitet beide als Freelancer. Haben eure Kunden verstanden, was ihr macht? Oder gab es da Probleme, weil sie zum Beispiel erwarten, dass ihr vor Ort seid?

 

Kathi Lanz: Das Feedback ist durchweg positiv: die meisten Kunden finden das sehr aufregend und sind sehr interessiert, wollen wissen, wo wir gerade sind und was wir erlebt haben. Und natürlich bieten wir auch an, dass wir vor Ort sein können. Das ist durch unser mobiles Büro ja auch einfacher. Wir können vor Ort zum Beispiel einen Workshop machen und danach sozusagen vor dem Büro schlafen.

 

Welche Eigenschaften muss man denn mitbringen, um so mobil zu leben und zu arbeiten?

 

Kathi Lanz: Ich weiß nicht, ob man das an Eigenschaften festmachen kann. Die Leute, die sich für ein Leben im Van entscheiden, sind alle schon sehr unterschiedlich. Klar, man sollte Spaß an der Abwechslung haben und auch mit unvorhergesehenen Situationen umgehen können. Du weißt ja nie, ob die Nacht leise verlaufen wird, wenn du an einem neuen Ort parkst. Du hast auch nicht deinen gewohnten Bäcker oder Arzt in der Nähe. Was aus unserer Sicht auch sehr hilft: wenn sich nicht alles um das Leben im Van dreht. Einige, die so unterwegs sind, verdienen ihren Lebenshalt als Influencer, für die gibt es 24/7 kein anderes Thema und das kann irgendwann natürlich anstrengend werden. Wir haben ganz andere Jobs und vielleicht auch deshalb so viel Spaß am Vanlife.

 

Gibt es Momente, in denen Du dir wünscht, doch lieber ganz normal in einer Wohnung zu leben?

 

Kathi Lanz: Ja, hatten wir tatsächlich nicht selten. Generell immer eigentlich, wenn man mal einen Backofen gebraucht hätte oder eine Waschmaschine. Oder eine Badewanne! (lacht) Mit einer festen Wohnung und geregelten Arbeitszeiten ist es auch einfacher, sich mal entspannt auf die Couch zu legen. Im Van ist hingegen immer irgendwas: das Geschirr stapelt sich, du suchst einen Stellplatz und stabiles Netz. Und dazu auch so ein bisschen Erlebnis-Druck: Jetzt bist du schon mal in der Nähe von Stockholm – jetzt guck dir halt auch die Stadt an!

 

Und was ist mit dem Büro? Vermisst Du das auch manchmal?

 

Kathi Lanz: Klar, die Gespräche mit den Kollegen, verschiedene Sparrings-Partner zu haben und mit denen gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten – das fehlt mir manchmal schon extrem. Als mobiler Freelancer sitzt man eben viel alleine an seinem Schreibtisch. Ich habe deshalb mit meinem langjährigen Freelancer-Kollegen Jan jetzt ein Kollektiv gegründet: Where the Horses sing. Da wollen wir das zum einen Büroerlebnis so ein bisschen nachbilden, das soziale Miteinander, das über-die-Schulter-schauen, aber auch die Möglichkeit geben, mit anderen Talenten an größeren und langfristigen Projekten zusammen zu arbeiten.

 

Einige Unternehmen beginnen gerade, ihre Mitarbeiter wieder verstärkt ins Büro zurückzuholen. Auch Agenturen. Ein Argument: die Kreativität würde im Home Office leiden, der Austausch fehle. Kannst Du das nachvollziehen?

 

Kathi Lanz: Ja, kann ich. Austausch ist eine wichtige Facette. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es umgekehrt viele hemmt, immer an einem festen Platz kreativ sein zu sollen – und nicht dort, wo man sich am besten fühlt. Das kann natürlich ein Büro sein. Aber eben auch ein Airbnb in Cornwall oder eben der Van. Kreativität profitiert definitiv von Freiheit.

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