Die geniale Scheich-Idee

Perfekt und treffsicher: Die Texter von Heimat zeigen einmal mehr, dass sie es Ernst meinen mit provokantem Content. "Auf so eine Scheich-Idee würden wir nie kommen", heißt es in einer Werbeanzeige für die Volks- und Raiffeisenbanken. Sie nehmen damit den Deal der Deutschen Bank auf die Schippe, die sich Katar als Großinvestor ins Haus holt. Was folgt, ist ein medialer Aufschrei. Chapeau.

Was witzig sein soll, finden andere geschmacklos. Horizont spricht von einem Eigentor. Manche gar fürchten gefährlichen Zündstoff und Fremdenfeindlichkeit. Sogar in Berlin erregen sich die Gemüter. Gerhard Schick von den Grünen kritisiert, dass mit der Anzeige die Nationalität der Anteilseigner einer Großbank zum Thema wird.

Darf Werbung böse sein?
Satire ist die Kür unter den Textern. Und Humor eines ihrer wertvollsten Stilmittel. Es will perfekt eingesetzt sein – und das können nicht viele. Die Engländer machen es vor und schießen ihre schwarzen Witze ungefiltert in die Kanäle. In Deutschland trauen sich viele das Lachen nicht zu. Agentur und Auftraggeber verstecken sich sicherheitshalber hinter politisch korrekter Werbung.

Sixt textet seit Jahren auf dem Vulkan.
Die Profis unter den Satire-Werbern mussten für ihre Anzeigenmotive immer wieder harte Kritik einstecken. Was Angela Merkel noch locker weglachte, ging im Fall Mollath daneben: Auf Facebook prasselte ein Shitstorm nieder. Sixt ruderte daraufhin zurück und bat Herrn Mollath um Entschuldigung. Die Facebookmeldung mit über 1.000 nicht gerade freundlichen Kommentaren hat Sixt inzwischen gelöscht. Der Werbemarkt ist schwer umkämpft.  Immer mehr Menschen ignorieren Werbung, schalten sie weg oder blenden sie aus. Schwarzer Humor ist die Idee, dass sich jemand aufregt und ein anderer ihn aufklärt. Dass die Leute dadurch anfangen, über das Thema zu reden.

 NGOs kennen das Problem.
Sie versuchen immer wieder, durch offensive Clips und Aktionen auf sich aufmerksam zu machen. Wenn George Clooney vom Espressoschild erschlagen wird, bleibt dem Zuschauer das Lachen im Hals stecken. Und ein makaberer Clip im Kochstudio sorgte nicht nur für Aufmerksamkeit, sondern gewann zahlreiche Preise. 

Auch Werbung kann Satire sein.
Manchmal provoziert Werbung, manchmal überschreitet sie bewusst Grenzen und manchmal geht sie leider auch zu weit. Es kommt dabei auf den Charakter der Äußerung an. Der Wesensinhalt von Satire ist es, dass sie übertreibt, verfremdet, verzerrt und damit gewisse Missstände anprangern oder lächerlich machen möchte.

Personen des öffentlichen Lebens müssen viel aushalten.
Eine Klage von Oskar Lafontaine gegen Sixt wies der Bundesgerichtshof ab. Der Werbeslogan damals lautete: „Sixt verleast auch Autos an Mitarbeiter in der Probezeit“. Die Begründung: Die Werbeanzeige setzt sich satirisch mit einem aktuellen Tagesereignis auseinander. Sie steht unter dem besonderen Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit. Lafontaine bleibt nur das Recht, auf Schadenersatz zu klagen. Alles andere muss er hinnehmen.

Werbung sollte sich nicht verhalten wie ein angesoffener Rüpel.
Spätestens, wenn es laut, aufdringlich und nervig wird, hört der Spaß auf. „Schmähkritik“ ist regelmäßig verboten. Wo die Grenze liegt, müssen Agenturen immer wieder neu ausloten. Im besten Fall texten dort Menschen, die einen feinen Sinn haben für Wort und Sprache, Provokation und Spaß. So wie bei Heimat. Dann haben sie nicht nur ihre Pflicht erfüllt, sondern Maßstäbe gesetzt.

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Apply to DESIGNERDOCK!

Abonnieren Sie unseren Newsletter

WIR FREUEN UNS VON DIR
ZU HÖREN!

Kontaktiere uns ganz einfach über unsere Formulare, per E-Mail oder einen Anruf.