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Dockblog - Die Arbeitswelt der Kreativen

©pic by Havas Germany

Im Interview mit Eric Schoeffler, CCO Germany & ECD Europe.

Wie wichtig ist dir persönlich Nachhaltigkeit? Wie integrierst du nachhaltige Praktiken in deinen Alltag?

 

Für mich hat das Thema einen großen Stellenwert und einen festen Platz in meinem Leben. Seit Jahren lebe ich vegetarisch und unterstütze Organisationen, die sich für die Erhaltung der Umwelt einsetzen und gegen den Klimawandel stellen. Seit neuestem bin ich außerdem Mitglied bei „Mehr Demokratie e.V.“, weil mir die politische Entwicklung in Europa wirklich zu schaffen macht. Ich habe aber auch zwei erwachsene Kinder, die mich immer wieder daran erinnern, dass man noch so viel mehr machen kann und dass es genug Dinge gibt, bei denen man sich bewusster verhalten kann. Mir ist auch klar, dass ich privilegiert bin, dass ich mir Bio-Produkte und ein E-Auto leisten kann, ich aber deshalb kein „besserer“ Mensch bin als andere. Ich wünsche mir einfach nur, dass wir uns als Gesellschaft weiterentwickeln, wirtschaftlichen Erfolg, persönliches Glück und eine nachhaltige Zukunft gemeinsam denken und leben und dabei die Schwächeren nicht vergessen. Und wenn wir als Agentur dazu einen kleinen Beitrag leisten können, finde ich das großartig und richtig.

 

Einige Agenturen spezialisieren sich komplett auf nachhaltige Kunden. Siehst du darin eher eine Chance oder ein Risiko?

 

Für einige kleinere Agenturen mag das eine Chance sein. Besonders, wenn es eine glaubwürdige Motivation der Verantwortlichen gibt und die Agentur ihren Anspruch konsequent lebt. Gerade im Bereich Recruiting würde ich auch denken, dass eine „green agency“ regen Zulauf verzeichnet.

 

Problematisch wird es meines Erachtens jedoch, wenn das Angebot an spezialisierten Agenturen die Nachfrage anfängt zu übersteigen. Auch sehe ich Schwierigkeiten in der Skalierung: Es kommt der Punkt, an dem Finanzzwänge es schwerer machen können, immer zu 100% dem definierten Anspruch nach zu handeln. Und je größer die Agentur, desto schwieriger wird es, einen komplexen Kostenapparat am Laufen zu halten.

 

Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung in eurem Unternehmen und in eurer Arbeitskultur? Wie lebt ihr diese Werte im Alltag?

 

Ich halte uns für eine achtsame Agentur. Wir werden dazu auch kontinuierlich von unseren Kolleg:innen angehalten und angetrieben. Das ist wirklich toll und es kommen sehr viele großartige, proaktive Initiativen und Vorschläge aus unseren eigenen Reihen. Luft nach oben gibt es natürlich trotzdem immer. Auch bei uns.

 

Dennoch machen wir unsere Hausaufgaben: Unser HQ in Düsseldorf besitzt z.B. ein Nachhaltigkeitszertifikat; dazu beziehen alle Gebäude der Havas Creative in Deutschland zu 100% grünen Strom. Wir haben zudem ein dediziertes Team von Mitarbeiter:innen, unser „E-Team“ (Eco Team), aus allen Bereichen der Agentur, das sich neben dem Tagesgeschäft intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt, den Status Quo hinterfragt und immer wieder wichtige Impulse setzt.

 

Kannst Du uns Beispiele nennen?

 

Einige Beispiele für die Arbeit des E-Teams sind:

- Installation eines Mülltrennungssystem (Reduzierung von 80% der Mülleimer)

 

- Einführung von Fair Trade und regionalen Produkten (Milch, Seifen etc.)

 

- Regelmäßige Inspiration durch Content und Wissensvermittlung

 

- Implementierung von neuen Maßnahmen wie dem „Vegan Lunch“ (subventioniert durch die Agentur), einer internen Tauschplattform, „Plant a Tree“ (Unterstützung der Stadt Düsseldorf) oder auch Energiesparmaßnahmen

 

Kannst Du uns Beispiele aus dem Bereich Diversity nennen?

 

Dazu gibt es in der Agentur auch ein eigenes Team, das sich genauso intensiv um Themen rund um Diversity, Inclusion und Equity kümmert, unser DIE Team.

Auch hier ein paar Beispiele:

 

- Einführung von genderinklusive Sprache in der externen Kommunikation seit Anfang 2021

 

- Organisiertes “Havas New School” Training zum Thema Diversity mit Getty Images

 

- Unterstützung des “Housing Projects for Queer Youth” des Ali Forney Centers/der Warsaw House Foundation Polen

 

- Realisierung eines Pride Month Agency Event

 

- Konzeption und Umsetzung von Aktionen wie #DiversityMatters am deutschen Diversity Tag

 

Seht ihr eure Agentur auch in einer beratenden Rolle für eure Kunden im Hinblick auf Nachhaltigkeit? Gehört dies zu einer zukunftsfähigen Haltung?

 

Zuerst einmal sind wir natürlich Beratende für unsere Kund:innen in Hinblick auf Marketing und Kommunikation. Und diesem Auftrag werden wir auch gerecht. Aber natürlich spielen dabei auch immer Themen eine Rolle, die nicht in Verträgen formuliert wurden. Das ist richtig und wichtig. Nachhaltigkeitsthemen gehören immer mehr dazu, sind aber von Auftraggeber:in zu Auftraggeber:in ganz unterschiedlich gelagert und priorisiert. Für uns gehört das jedoch nicht zu einer zukunftsfähigen Haltung, sondern vielmehr zu einer grundsätzlichen Haltung, die sich längst im Hier und Jetzt etabliert hat.

 

Welche Rolle spielt die Kreativindustrie in Bezug auf eine nachhaltigere Zukunft? Seht ihr eine besondere Verantwortung der Agenturen gegenüber der Gesellschaft?

 

Natürlich spielen wir eine wichtige Rolle: Wer Werbung und Kommunikation entwickelt, möchte Menschen beeinflussen. Um Verhalten zu verändern, eine andere Sichtweise einzunehmen oder einfach, um ein bestimmtes Produkt zu mögen oder idealerweise zu kaufen. Dementsprechend finde ich es zwingend, die Menschen nicht zu belügen oder gar zu bescheißen. Man kann auch verführen und begeistern, ohne Unfug zu verbreiten. Genauso können wir neue und bessere Wege finden, ressourcenschonender zu arbeiten und zu produzieren. Auch die Ressourcen unserer Mitarbeitenden müssen wir immer wieder betrachten und überlegen, wie wir als Arbeitgebende sozial, fair und trotzdem hochambitioniert agieren.

 

Dennoch finde ich, dass wir als Gesellschaft und als Wirtschaft, als Gruppe und als Individuum, eine gleich große und gleich wichtige Verantwortung uns allen gegenüber haben. Das gilt für den Schraubenherstellenden, das Fashion Label und den Fußballverein, genauso wie für die Landwirtschaftsgenossenschaft, die politische Partei oder die Grundschule im Ort. Wir alle werden allein nicht das große Rad drehen können, das ist klar. Aber wenn wir alle nicht an unseren kleinen Rädern drehen, was wir sehr wohl und gut können, wird sich das große Rad niemals drehen.

 

Corporate Social Responsibility ist ein gängiges Konzept, um Nachhaltigkeitsbemühungen zu strukturieren. Wie holt ihr euch Wissen dafür rein?

 

Dazu gibt es eine ganze Menge zu erzählen. Anfang 2020 haben wir bei Havas unseren existierenden Nachhaltigkeitsansatz vereinfacht, um uns von der traditionellen CSR abzuwenden und unseren Einfluss neu zu überdenken. Wir haben dabei Havas Impact+ ins Leben gerufen, unser CSR-Programm, das sich auf drei wichtige Säulen stützt: Havas Impact+ Environment, Havas Impact+ Meaningful Communication und Havas Impact+ People.

 

- Havas Impact+ Environment fasst dabei alle Initiativen zusammen, die darauf abzielen, unsere direkten Emissionen zu reduzieren – mit der Ambition, das Ziel der Europäischen Union, die Emissionen bis 2030 um 55% zu reduzieren, zu übertreffen. Dabei messen wir einerseits natürlich unseren eigenen Carbon Footprint als Agenturgruppe, aber auch mithilfe unseres „Carbon Footprint Calculators“ die Emissionen unserer Kampagnen.

 

- Havas Impact+ Meaningful Communication ist das Herzstück der zweiten Säule, mit der wir unsere Agenturen ermutigen, die Kraft kreativer Ideen für das Gute zu nutzen. Wie tun wir das? Indem wir verantwortungsvolle Kommunikationskampagnen für uns selbst und für unsere Kund:innen entwickeln und verbreiten.

 

- Havas Impact+ People, die dritte Säule, dreht sich schließlich um die Menschen; darum, wie wir unsere Talente fördern und bedeutsame Experiences für unsere Mitarbeiter:innen schaffen. Ein Beispiel dafür ist unsere globale „Havas AllIn“ Initiative, unter der regelmäßige Formate aus Förderprogrammen, Webinaren und Mitarbeitenden-Kampagnen stattfinden.

 

Zu diesen 3 Säulen gibt es zudem einerseits ein spezielles internes Weiterbildungsprogramm für alle Mitarbeitenden und andererseits auch regelmäßigen Inspirations- und Wissensvermittlungscontent auf unserer networkübergreifenden Wissensplattform Agora.

 

Darüber hinaus betreibt unser E-Team für die deutsche Creative Group permanentes Trend Scanning, kümmert sich um etwaige Implementierungen an den Standorten und nimmt an Austauschplattformen teil wie dem GWA Sustainability Arbeitskreis. Dieses Themenfeld hat zudem einen festen Platz in unserem wöchentlichen All Agency Meeting, um hier auch regelmäßig in den gemeinsamen Dialog zu gehen.

 

Nachhaltigkeit umfasst nicht nur ökologische, sondern auch soziale Aspekte. Wie geht ihr damit in eurer Arbeit um?

 

Genau das ist der Punkt. Auch wenn wir, wie oben beschrieben, verschiedene Themen bearbeiten und dafür auch unterschiedliche interne Teams haben, so versuchen wir uns gegenüber unseren Mitarbeiter:innen und Kund:innen als achtsames, bewusstes und über den Tellerrand hinaus engagiertes Unternehmen zu präsentieren. Das beginnt mit unseren Glaubenssätzen, die man liest, wenn man morgens durch die Haupteingänge die Agenturen betritt. Das geht weiter über unser Mantra „Be Silly, Be Brave, Be Kind”, das für viele unserer Aktionen, aber auch für unserer Haltung ein Nordstern ist und in jeder Mitarbeitendenbefragung als prägend und differenzierend widergespiegelt wird. Wir beweisen das zum Beispiel, indem wir seit mindestens 5 Jahren kein Gender Pay Gap mehr haben und regelmäßig überprüfen, dass das auch so bleibt. Dazu versuchen wir jedes Jahr unsere Kreativität für mindestens ein Pro Bono Projekt einzusetzen, um bedeutungsvolle Beiträge für Themen wie Gender Equality, Katastrophenhilfe oder die Bekämpfung von Krankheiten zu leisten. Wir sind etwa auch Partnerin der globalen NGO Justdiggit, die wir seit 5 Jahren beim Kampf gegen den globalen Klimawandel durch die konsequente Begrünung und Aufforstung der afrikanischen „great green wall“ unterstützen oder seit über 10 Jahren für die Düsseldorfer Obdachlosenhilfe „Fifty/Fifty“ aktiv.

 

Für unsere eigene Gesundheit haben wir unter anderem ein betriebliches Gesundheitsmanagement in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse eingeführt, um mit Initiativen wie den „Back Health Day“ oder der „Bewegten Pause“ das Thema physische Gesundheit zu unterstützen. Mit unserer Mental Wellbeing Initiative „Havas Minds“ haben wir außerdem eine interne Plattform für psychische Gesundheit geschaffen mit Maßnahmen wie spezielle Gesundheitstage zum Thema Stressmanagement oder Resilienz.

 

Wie funktionieren Projekte, bei denen bspw. Media oder andere Ressourcen gespendet wird? Ist es schwierig, Partner dafür zu gewinnen, oder stoßt ihr auf offene Ohren?

 

Ich muss sagen, dass wir immer ein glückliches Händchen mit unseren Partner:innen hatten, die sich genauso einem Projekt verschrieben haben wie wir. Mal läuft es gut, mal sehr gut. Die Voraussetzung ist aber immer, dass man eine überzeugende Idee hat, an die alle Parteien glauben. Nehmen wir beispielsweise unser letztes großes Projekt, „Das große Wachbeben“, für die „Aktion Deutschland Hilft e.V.“. Dieser noch nie dagewesene, koordinierte Medien-Stunt hat nur so gut funktioniert, weil wir sensationelle und sehr engagierte Partner:innen an der Seite hatten. Ohne die enge Zusammenarbeit und die Unterstützung von der Seven.One Entertainment Group, WallDecaux, Schoesslers PR, Audioversum und Umbrella Collective hätten wir diese Idee nie mit der Kraft auf die Straße bekommen.

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