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Dockblog - Die Arbeitswelt der Kreativen

© pic by shutterstock.com/Yeexin Richelle

Mehr als dumme Sprüche. Was tun bei demokratiefeindlichem, rassistischem und antisemitischem Gerede am Arbeitsplatz?

Die „Das-wird-man-ja-wohl-noch-sagen-dürfen-Fraktion“ ist in den letzten Jahren lauter und größer geworden. Wer Rassismus, Antisemitismus und Verschwörungstheorien am Arbeitsplatz begegnet, braucht starke Nerven und manchmal viel Mut. Warum es sich lohnt, dumme Sprüche ernst zu nehmen und was ihr tun könnt, haben wir von DESIGNERDOCK zusammengetragen.

Gemeinsam mit Rechten auf die Straße gehen, scheint im Sommer 2020 kein Tabu mehr zu sein. Unter den 40.000 Demonstrant*innen, die Ende August in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen protestiert haben, waren auch 2500 bis 3000 Rechtsextreme und Reichsbürger. Krude Verschwörungstheorien und Fake News kursieren unter den Teilnehmer*innen. Dass irgendwann die Stimmung dermaßen aufgeheizt war und es einigen hundert Menschen gelang, die Absperrung vor dem Reichstag zu durchbrechen, hat viele Menschen entsetzt. 

Viele der Demonstrierenden scheint es nicht zu stören, wenn neben ihnen Reichsflaggen geschwungen und rechte, antisemitische Parolen oder Theorien geäußert werden. Zumindest nicht so sehr, dass sich die Mehrheit der Teilnehmer*innen scharf und entschieden von den Rechten und ihren Verschwörungstheorien abgrenzt. 

Die Bandbreite rechter, rassistischer und antisemitischer Positionen und Handlungen in unserer Gesellschaft ist leider größer, als man manchmal gerne wahrhaben will. Als die ersten Corona-Fälle in Deutschland bekannt wurden, bekamen das unmittelbar viele Menschen mit asiatischem Hintergrund zu spüren. Die AfD sitzt inzwischen in allen Landtagen und im Bundestag. Der „Echo“ ging 2018 in der Kategorie Hip-Hop/Urban National an die Rapper Kollegah und Farid Bang, trotz der offenkundig antisemitischen Texte. Der Musikpreis wurde eingestellt, die Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland ist aber auch 2019 gestiegen – um 13% im Vergleich zum Vorjahr. 

Demokratieskepsis und -feindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus sind nicht nur in der Provinz und nicht nur unter alten weißen Männern anzutreffen. Sie zeigen sich mitunter unverhohlen in der Schlange im Supermarkt oder am Arbeitsplatz, wenn scheinbar harmlos die Maskenpflicht kritisiert wird.

MEHR ALS DUMME SPRÜCHE!

Wie geht man damit um? Und was ist rechts und wann ist rechts radikal? Als Marker für Rechtsextremismus haben Forscher*innen um den Soziologen Oliver Decker und den Medizinischen Psychologen Elmar Brähler sieben Dimensionen definiert. Rechtsextremismus ist eine Weltanschauung, die sich aus folgenden Faktoren zusammensetzt: „1) Befürwortung einer rechts-gerichteten Diktatur, 2) Nationalismus, 3) Rassismus, 4) Antisemitismus, 5) Sozialdarwinismus (beispielsweise Aus­grenzung und Abwertung von Ob­dachlosen), 6) Verharmlosung des Nationalsozialismus und 7) Sexismus/Homophobie.*“

Nicht nur eindeutig rechtsradikale Positionen sind ein Problem. Überraschend schnell kann man auch am Arbeitsplatz mit rechten Ansichten oder antisemitischem Gerede in Berührung kommen. Eine vermeintlich „israelkritische“ Äußerung, ein abwertender, auf ihre Herkunft bezogener Kommentar über die Kollegin, ein Witz über Obdachlose, ein bei Facebook geteilter Beitrag von einem rechten Blog. 

HALTUNG ZEIGEN. AKTIV WERDEN GEGEN RECHTE KOMMENTARE

Was kann man in diesen Fällen tun? Zuallererst kann man sich selbst klar positionieren, auch wenn andere das Gerede als dumme Sprüche abtun. Es erfordert zwar Mut, eine Grenze aufzuzeigen und eine Gegenposition zu vertreten, hilft aber, die eigene Sprachlosigkeit zu überwinden. Und es signalisiert dem Gegenüber, dass er oder sie bei weitem nicht für alle spricht. Zudem ist es sinnvoll, sich über Formen von Rechtsextremismus oder rechte und antisemitische Rhetoriken zu informierten. Wissen ist Trumpf, wenn es darum geht, sich und andere zu sensibilisieren. 

Wenn rassistische, homophobe, sexistische Kommentare trotz Gegenrede immer wieder fallen, hilft es, Verbündete zu suchen, die Situationen zu dokumentieren und das Problem im Gespräch mit Vorgesetzten oder dem Betriebsrat zu thematisieren. Zwar sind politische Ansichten, auch rechtsextreme, Privatsache und in den seltensten Fällen ein Kündigungsgrund. Dennoch haben Unternehmen viele Möglichkeiten, gegen rechte Einstellungen und Äußerungen vorzugehen. Sie können sich wie jede*r einzelne klar positionieren, eigene Strukturen hinterfragen und blinde Flecken aufdecken. Unternehmen können es sich zur Aufgabe machen, ein demokratisches, solidarisches Betriebsklima zu fördern. Wie das geht? Zum Beispiel in dem sie bei Vorkommnissen mit ihren Mitarbeiter*innen ins Gespräch gehen, Workshops und Infoveranstaltungen organisieren oder gemeinsam mit den Mitarbeiter*innen ein Leitbild erarbeiten. Haltung beweisen. Darum geht es.

IM NETZ INFORMIEREN!

>>> Mehr Informationen zum Thema und hilfreiche Tipps findet ihr in der Broschüre „Rechtsextremen nicht auf den Leim gehen. Ein Ratgeber für den betrieblichen Alltag.“, den die Weiterbildungseinrichtung Arbeit und Leben herausgegeben hat.

>>> Auch auf der Seite der Bundeszentrale für politische Bildung kann man sich im Dossier Rechtsextremismus sehr vielfältig informieren.

>>> Mit israelbezogenen Antisemitismus beschäftigt sich die Broschüre „Kritik oder Antisemitismus?“ der Amadeu Antonio Stiftung.

>>> „Flucht ins Autoritäre – Rechtsextreme Dynamiken in der Mitte der Gesellschaft“ Die Leipziger Autoritarismus-Studie erfasst rechtsextreme Einstellungen in Deutschland. 2018 wurde sie von Oliver Decker und Elmar Brähler in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung und der Otto-Brenner-Stiftung herausgegeben. https://www.boell.de/de/leipziger-autoritarismus-studie

* Rechtsextremen nicht auf den Leim gehen. Ein Ratgeber für den betrieblichen Alltag. Hg. von Arbeit und Leben DGB/VHS Hamburg e.V. 

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