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Dockblog - Die Arbeitswelt der Kreativen

©pic by shutterstock/TommyStockProject

Mit über 50 in der Agentur – Warum nicht?

Das gängige Vorurteil über Menschen jenseits der 30er, die in Agenturen arbeiten, lautet: Sie sind Geschäftsführer*innen oder haben zumindest eine leitende Position mit entsprechend „senioriger“ Vergütung inne. Entspricht das der Realität? Wenn ja, warum ist das so? Und: Könnte oder sollte es anders sein?

Schaut man sich das Ganze ein wenig genauer an, stößt man auf weitere Vorurteile, mit denen man schnell aufräumen kann, die aber ihrerseits weitere Fragen aufwerfen.

 

Vorurteile gegenüber älteren Kreativen

 

Das erste Vorurteil gegenüber Menschen, die in der Kreativbranche in Würde gealtert sind, wurde bereits benannt: Sie sind Führungskräfte oder Geschäftsführer*innen, wenn sie noch in Firmen bzw. Agenturen arbeiten. Ansonsten haben sie sich selbständig gemacht und stehen Agenturen nur noch als externe Dienstleister zur Verfügung, sind in Unternehmen gewechselt, die sie als Kunden ihrer Agentur kennengelernt haben, oder haben ihre eigenen gegründet. Warum?

 

Sind die Lehrjahre als Agenturmitarbeiter*in irgendwann vorbei? Hat man die unvorhersehbaren Überstunden irgendwann satt? Vergeht einem die Lust, auf die enge, fast schon familiäre Zusammenarbeit mit den Agenturkolleg*innen, mit denen man oft auch außerhalb der Agentur viel Zeit verbringt?

 

Für viele treffen einer oder mehrere dieser Punkte sicher zu. Andererseits gibt es aber auch nicht nur Menschen, die irgendwann Führungspositionen übernehmen oder selbst Unternehmer werden wollen. Manch eine und manch einer möchte sich auch nach vielen Jahren der Erfahrung in Agenturen weiterhin voll auf den kreativen Prozess konzentrieren. Warum sollte man als erfahrener Kreativer darauf verzichten wollen, in einem gleichberichtigten, diversen Team zu arbeiten und sich in Echtzeit mit allen, die am selben Projekt arbeiten, auszutauschen.

 

Nicht selten hört man, dass ältere Bewerber bei Agenturen schlechte Karten haben, weil nur Digital Natives die Anforderungen einer digitalen Zielgruppe erfüllen könnten. Da es beim kreativen Prozess aber hauptsächlich um Ideen geht und nicht zwangsläufig um deren Übersetzung in aktuelle Online-Kanäle, sollte dieser Punkt eigentlich keine Rolle spielen.

 

Vorurteile gegenüber Agenturen

 

Bei der Frage, ob Kreative über 50 in einer Agentur gut aufgehoben wären, spielen natürlich auch sich verändernde Gegebenheiten in den Agenturen selbst eine Rolle. Ein gängiges Vorurteil, dass auf Erfahrungen aus der Vergangenheit beruht, ist, dass junge Kreative Schlange stehen, die sich mit einem schmalen Einstiegsgehalt zufrieden geben, um in der Agentur – gerne auch in langen Überstunden – praktische Erfahrungen zu sammeln. Dass das schon eine ganze Weile nicht mehr so ist, weil die Agenturen eben nicht mehr der einzige attraktive Arbeitgeber im Kreativbereich sind, wurde in den Diskussionen der letzten Jahre über einen zunehmenden Fachkräftemangel ausreichend belegt.

 

Die Digitalisierung hat die Branche in vielerlei Hinsicht verändert. So sind viele zeitraubende und nicht wirklich kreative Prozesse in Agenturen, für die die Arbeitskraft der Generation Praktikum „verheizt“ wurde, weggefallen. Der menschliche Faktor, also Ideen und das kreative Feingefühl sind zunehmend wichtiger geworden. Somit wurden auch die Mitarbeiter*innen und ihr individuelles Potenzial entscheidender für das Profil von Agenturen. Und Studien belegen, dass erfahrene Kreative häufig eine zweite Hochphase erleben, die der Sturm-und-Drang-Phase mit Mitte 20 mindestens ebenbürtig ist.

 

Natürlich sind Agenturen vom Werbemarkt abhängig und werden stark durch die Vorstellungen ihrer Kunden geprägt. Das scheint neben Timelines und Preisvorstellungen mitunter auch für die Altersstruktur der Belegschaft zu gelten. Wer aber nachhaltig wirtschaften will, muss sich in all diesen Bereichen emanzipieren und die Qualität der Arbeit in der Vordergrund stellen.

 

Der Abbau von Vorurteilen als Chance

 

Jüngere Mitarbeiter*innen in Agenturen sind zwar noch immer die Regel, aber durch Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft wird sich das zwangsläufig verschieben. Wer als Arbeitgeber in dieser Situation Vorurteile als erster ad acta legt, wird auch als erster von neuen Potenzialen profitieren.

 

Erfahrene Kreative stellen ein enormes Potenzial für die Agenturlandschaft dar, das aktuell bei weitem nicht voll ausgeschöpft wird. Gerade in Anbetracht der angespannten Lage am Arbeitsmarkt können und sollten sich Agenturen erfahrene Mitarbeiter*innen leisten, um ihre Teams zu verstärken. Das Argument, dass diese Erfahrung allzu teuer erkauft werden müsste, stimmt längst nicht mehr. Genau wie bei der jüngeren Generation entwickeln sich auch hier die persönlichen Bedürfnisse eher in Richtung Work-Life-Balance und Wertschätzung.

 

Und letztlich ist es so, dass die Frage, ob ein potenzielles neues Teammitglied genau die Person ist, die man gesucht hat, nichts mit dem Alter zu tun hat, sondern mit individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten. Auch wenn gewisse Trends, die den oben genannten Vorurteilen zugrunde liegen, nicht von der Hand zu weisen sind, gibt es auch jetzt schon einige Ausnahmen. Und diese Entwicklung ist als Chance zu sehen, die sich Agenturen nicht entgehen lassen sollten.

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