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Dockblog - Die Arbeitswelt der Kreativen

© pic by shutterstock.com/Dragana Gordic

Stimmen zur Kurzarbeit: Zu kurz kommen oder klar kommen?

Die Veränderung unseres Alltags ist mittlerweile selbst zum Alltag geworden. Mit den wegbrechenden Budgets mussten viele in der Branche einlenken. Wie geht es Mitarbeiter*innen* in Agenturen, die in Kurzarbeit gehen mussten? Eine Frage, die wir zwei Personen aus der Agenturwelt gestellt haben. 

Trotz der herausfordernden Situation geht es M. gut, sagt sie. Sie arbeitet in einer Berliner Agentur, die sich auf Content Marketing spezialisiert hat. Ihr fehle aber der Kontakt zu den Menschen, sagt sie auch. Wenn es an Interviews mit Menschen auf Kundenseite geht, wenn sie Geschichten schreiben soll, dann wäre Video oder Telefon einfach kein Ersatz für die echte Begegnung. Auf die Frage, ob sie mit ihrem aktuellen Arbeitgeber zufrieden sei, entgegnet sie ein eindeutiges “Ja.” Und setzt hinzu: “Ich bin froh darüber, in einer Agentur zu sein, mit der ich mich identifizieren kann.” Sie erzählt von Neuigkeiten aus anderen Agenturen, von Pitches, die sie weder politisch noch persönlich verstehe. Das wäre in einer Situation wie jetzt, wo der Lohnausfall durch die Kurzarbeit ins Gewicht fällt, schwierig. Als Seniorin trifft sie der Einschnitt weniger hart, auch wenn sie Mutter eines Kleinkindes ist. Aber Junior*innen* dagegen könnten das schwerer verkraften. Ewig könne das nicht so weitergehen, sagt sie. “Am Ende haben wir alle ein Burnout. Wir müssen dann mal wieder richtig raus aus der Stadt und einfach mal nichts machen.”

Auch wenn Kurzarbeit heißt, weniger zu arbeiten, bedeutet das nicht, dass der emotionale Stress sich reduziert. Die Unsicherheiten, die aufkommen, sind groß. So geht es auch S., die in einem Studio in Karlsruhe arbeitet. “Wir haben Kurzarbeit bis Dezember angemeldet” erzählt sie. Da ein Großteil des Geschäfts über Messen, Events und Kulturveranstaltungen lief, brachen erstmal fast alle Einnahmen des Studios weg. Die 10 Mitarbeiter*innen* kamen zur Krisensitzung zusammen und beschlossen einstimmig: Wir gehen in die Kurzarbeit. Die Auftragsflaute wurde mit Akquise überbrückt, Netzwerke aktiviert und vor allem: Ausschreibungen wahrgenommen.

Staatliche Gelder, gerade in der Kultur- und Kreativwirtschaft, versprechen Stabilität, da hier keine Budgets wegbrechen können. “Wir haben viele Anträge geschrieben”, berichtet S. “Wenn alles gut geht, können wir ab Juli wieder in einen mehr oder wenigen normalen Betrieb zurück.” Auch bei ihr ist die Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber hoch. “Wir arbeiten in der Kultur, das macht man immer mit einem gewissen Idealismus”, merkt sie an. “Wenn wir nicht an unser Studio glauben würden, sähe das anders aus. Wir sind nicht wegen des Geldes hier.” Doch auch für sie bedeutet die Kurzarbeit ein großer finanzieller Einschnitt. “Ich habe keine Familie und damit keine Verantwortung. Weil ich durch die Kontaktsperre kaum Freunde sehe, und auch das auswärts Essen gehen oder mal was trinken wegfällt, habe ich tatsächlich auch weniger Ausgaben. Aber wenn 40% deines Gehalts fehlen, dann fehlt schon einiges.” 

Die Verluste auf der einen Seite, das Gefühl von “Wir schaffen das” auf der anderen Seite. Beide existieren gleichzeitig – und je nach Unternehmenskultur kann das besser aufgefangen werden. “Wir hatte eine große Videokonferenz mit allen fast 50 Mitarbeitenden”, erzählt M. “Und das war interessant, weil du alle sehen konntest. Als es dann hieß: Wir müssen in die Kurzarbeit, war erstmal Stille. Einige mussten das verarbeiten. Aber gleichzeitig wurde auch klar gesagt: Wir wollen nicht, dass jemand wegen der aktuellen Situation gehen muss. Wir wollen, dass alle bleiben.” Das gemeinsame an einem Strang ziehen, schätzt sie, sagt M. Dennoch wäre es schwierig, trotz verkürzter Arbeitszeit, der Arbeit und dem Kind zugleich gerecht zu werden. Sie fühlt sich zum Teil alleine gelassen und fordert bessere Strukturen für Eltern. Sie habe aber das Glück, dass seitens ihrer Agentur viel Verständnis aufkäme. Auch, weil bei der Geschäftsführung immer wieder Kleinkinder mit im Videocall sitzen. 

Auf die Frage, wie es weitergeht, sind S. und M. sich unabhängig voneinander einig. “Das wird noch eine Weile so gehen”, sagen beide. Auch wenn die aktuellen Einschränkungen sich lockern werden oder Kunden zurück kommen, ein richtiges Zurück gibt es nicht mehr. “Wir können viel aus der Corona-Krise lernen” sagt S. “Wir sehen jetzt, wie das geht, wenn man Projekte remote steuert. Wir sehen, dass es funktioniert, auch mal nicht im Büro zu sein. Home Office ist jetzt eine Realität, die wir mitnehmen werden.” Und weil es irgendwann wieder weiter geht und Kunden wieder anklopfen, stellen beide sich auf eine Übergangsphase ein, in der die Kurzarbeit nicht mehr die Arbeitszeit abdeckt, die gebraucht wird. Und darin schwingt auch die Hoffnung mit, dass wir die aktuelle Krise schnell werden abfedern können. 

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