Fluch der Freundschaftsdienste

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Ach wie gut wir alle doch diese Situationen kennen: Das Telefon klingelt. Eleonore (Name von der Redaktion virtuos geändert) ist am anderen Ende und trällert einem ungefähr folgendes ins Ohr: „Du bist doch so gut mit Sachen gestalten. Könntest du uns nicht unsere Hochzeitseinladungen zusammenzaubern? Und die Tischkarten. Und die T-Shirts für den Junggesellinnenabschied? Und die Danksagungspostkarten? Und bei der Druckerei ein gutes Wort einlegen? Und wenn du schon mal dort bist, kannst du ja auch gleich die Sachen abholen! Und bitte wenn möglich bis nächsten Montag!“ Selbstverständlich für lau, das muss erst gar nicht erwähnt werden.

„Aber mit Freuden“, würden wir dann gerne antworten, „ich komme dann morgen in deine Zahnarztpraxis, am besten du schickst die anderen Patienten gleich nach Hause, es könnte ein wenig dauern. 

Die Porzellankronen gehen bestimmt aufs Haus und wenn ich schon mal da bin, kann ich dir gleich meine Steuerunterlagen für deinen Freund mitgeben, damit er die fix in seiner Steuerkanzlei bearbeiten kann. Dauert ja nicht lange.“

Stattdessen murmeln wir ein „klaro“ und machen uns mit der Faust in der Tasche an die Arbeit. Natürlich wohl wissend, dass hier vier Mal mehr Korrekturstufen anfallen werden als bei unseren kritischsten Kunden und uns dabei ziemlich sicher ein langer grauer Bart wachsen wird.

Die Last der Freundschaftsdienste

Hilfe bei der Bewerbung, bei Geburtstagen, bei der Webseite des Tenniskumpels: Unsere Freunde und Bekannten scheinen da keine Grenzen zu kennen. Und nur die wenigsten kommen dabei auf die Idee, das Ganze zu entlohnen. Und sei es nur mit einer Essenseinladung oder einem schlichten Dankeschön. Eher schiebt einem der Anwaltsfreund für seine eigenen Dienste eine sportliche Rechnung unter der Tür durch und fragt im selben Atemzug, ob wir denn nicht eine Idee hätten für seine neue Webseite.

Ein Dilemma, dass nur schwer zu lösen ist. Jeder möchte seinen Freunden helfen und dabei nicht mit einer Rechnung drohen. Dabei geht es hier um unseren Beruf, der uns die Miete und die Rhabarberschorle im Kühlschrank bezahlt. Wir kommen ja auch nicht auf die Idee, die Sachen in der Boutique eines Freundes aus den Regalen zu nehmen und mit einem fröhlichen „kannste ja nachbestellen“ den Laden zu verlassen. Man kann teilweise ganze Tage an diesen „Kleinigkeiten“ für Freunde sitzen. Tätigkeiten, für die wir im richtigen Leben mehrere Tagessätze berechnen könnten, werden als selbstverständlicher Freundschaftsdienst wahrgenommen. Natürlich wird erwartet, dass diese Sachen Priorität haben, der Rest, der einem die Rechnungen begleicht, kann warten. Ansonsten sind sie auch wie richtige Kunden: Wollen zu große Logos, zu viele Farben, acht verschiedene Schriften und Texte, bei denen sich die Fußnägel aufrollen. Quasi Brot und Butter-Jobs, nur ohne Brot und Butter. Sehr frustrierend.

Ist es politisch unkorrekt, Freunde zur Kasse zu bitten?

Muss das so sein? Kann man nicht einfach sagen, dass das meine Arbeit ist, für die ich entlohnt werden muss, weil sie meine Lebensgrundlage darstellt? Wenn du aus diesem Bereich etwas möchtest, bezahlst du wie jeder andere auch? Die Antwort ist: Man kann.

Manche haben es ausprobiert und - es funktioniert. Überraschenderweise zeigen bisher alle dafür Verständnis und haben überhaupt kein Problem damit. Schließlich kann der Freund dann auch eine Deadline bestimmen, Änderungen anmahnen und er bekommt zeitnah eine saubere Arbeit nach seinem Geschmack, ohne vielleicht doch ein schlechtes Gewissen zu haben. Sie sind ja nicht alle Ausnutzer, sie wissen nur möglicherweise manchmal nicht, wie man sich erkenntlich zeigen soll. Ein bisschen Konsequenz scheint also tatsächlich nicht zu schaden.

Pro Bono also nur noch für nicht kommerzielle Einrichtungen, die man auch selber unterstützen würde. Keine Preisnachlässe oder Gratisarbeiten mehr für Kunden, die mit nichts weiter als ihrem „guten Namen“ bezahlen wollen. Es ist nichts Verwerfliches daran, für ordentliche Arbeit bezahlt werden zu wollen. Alle anderen machen das genauso. Und ihr?

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