Geteilte Zeit ist doppelte Zeit

0,5 + 0,5 = 1,5. So rechnet Brand Eins. Eine scho?ne Multiplikation, wie ich finde. Zwei Menschen, ein Job. Davon profitieren drei: Die beiden Teilzeitangestellten und das Unternehmen. Das ist die Idee eines Gru?nder-Duos aus Berlin. Ein Jobmodell mit Zukunft?

Halbe Stelle, halber Stress. Eine einfache Gleichung. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Manche schaffen in 25 Stunden so viel wie andere in 40. Es fallen eben die Schwa?tzchen weg. Andere bleiben jeden Tag einen Tick la?nger und arbeiten am Ende statt der vereinbarten 28 doch 35 Stunden. Und wieder andere haben zwar 20 Stunden im Vertrag stehen, aber das Smartphone blinkt trotzdem bei jeder Mail. Auch am spa?ten Nachmittag.

Teilzeit hat viele Feinde. Eine Bewerberin sah sich ku?rzlich der Ansage ausgesetzt, nur eine Vollzeitstelle wa?re eine echte Stelle. Alles andere sei pures Hobby. Wir ho?ren von neidischen Kollegen, die feixend auf die Uhr schauen, wenn man um 15 Uhr geht. Wir lesen Artikel, die mit dem Schlagwort Teilzeit-Falle Angst verbreiten. Wir wundern uns u?ber Blogs, in denen sich Teilzeitarbeitende bitter u?ber mangelnden Respekt beklagen.

Das alles macht nachdenklich.

Um es vorweg zu nehmen: Eine Antwort auf die Frage, welches das richtige Modell ist, haben wir nicht. Teilzeit ist und bleibt eine individuelle Entscheidung. Dafu?r und dagegen gibt es politische Gru?nde, gesellschaftliche Vera?nderungen, finanzielle Zwa?nge, neue Unternehmensphilosophien, statistische Erhebungen und perso?nliche Erfahrungen. Sie alle liefern gute Gru?nde wahlweise fu?r das eine oder das andere Modell.

Ich will meine U?berlegungen in einen anderen Kontext setzen: Den der Generation Y. Sie fordert Sinn in ihrer Arbeit und die richtige Balance zwischen Freizeit und Beruf. Es braucht nicht einmal Kinder, um zu sagen: Ich will weniger arbeiten. Daneben will ich andere Dinge machen. Mich engagieren zum Beispiel. Eigene Projekte verwirklichen. Kreativita?t tanken. Neue Themen kennenlernen.

Wer es sich leisten kann, flieht aus der Zeit, sagt der Politikwissenschaftler Karl- Rudolf Korte.

Inzwischen fordern sogar Millionen Arbeitnehmer flexible Lo?sungen. Erstmals seit 30 Jahren wollen die Deutschen wieder andere Arbeitszeiten, schreibt die ZEIT. 82 Prozent aller Ma?nner mit Kindern wu?rden gern Teilzeit arbeiten, jeder dritte Vater ha?lt eine Wochenarbeitszeit von 32 Stunden fu?r ideal. Das fand die Va?ter gGmbH heraus. Weil so viele Bescha?ftigte von ihren Chefs nahezu rund um die Uhr mit E-Mails bombardiert werden, plant die Politik sogar eine Anti-Stress-Verordnung. Es tut sich was.

Und was wird aus der Karriere?

Ein Partner einer renommierten Agentur ero?ffnete sein Briefing vergangene Woche mit dem Satz: Ich habe heute bis 6 Uhr morgens gearbeitet. Sein Revier war abgesteckt. Die Freelancerin wusste Bescheid: Als Mutter hatte sie keine Chance. Wenn sie um 6 Uhr wach ist, dann weil um diese Zeit der Tag mit ihrem Baby beginnt. Lange Arbeitszeiten werten Arbeitgeber immer noch als Indiz fu?r Erfolg. Karriere wird erst nach 17 Uhr gemacht. Wie kreativ und motiviert die Menschen in dieser Zeit sind - unwichtig.

Fu?hrungskra?fte legitimieren sich durch Pra?senz. Dabei ist das Dogma der Daueranwesenheit unsinnig: Oft wissen die Angestellten gar nicht, ob ihre Chefs im Bu?ro sind und was sie den ganzen Tag tun. Aber wer seinen eigenen Aufstieg mit der 60-Stunden-Woche geschafft hat, erwartet von seinem Team meist einen vergleichbaren Einsatz. Es fehlt oft die Bereitschaft, anderen alternative Karrierewege zu ero?ffnen.

Es ist doch so: Vor allem hoch qualifizierte Frauen gehen oft fu?r den Arbeitsmarkt verloren.

Auch wenn sich immer mehr Ma?nner flexible Arbeitszeiten wu?nschen: Nach wie vor sind es Frauen, denen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf deutlich wichtiger ist. Das geht aus einer aktuellen und repra?sentativen Umfrage von Xing spielraum und dem Statistikportal Statista hervor. So gaben etwa 89 Prozent der Frauen an, dass fu?r sie Teilzeitarbeit eine sehr hohe Priorita?t hat.

Viele unserer Bewerber fu?rchten, als Teilzeitkraft abgestempelt und nicht mehr befo?rdert zu werden. Diese Angst ist sicher nicht unbegru?ndet. Doch aus unserer Erfahrung scha?tzen viele die Gefahr ho?her ein als ihre Vorgesetzten. Entscheidend ist, dass Teilzeitarbeit von den Chefs mitgetragen wird. Dann werden diese Befu?rchtungen obsolet.

Wie sich Arbeit vera?ndert und damit die Frage nach Zeit, Stress und Karriere, bleibt fu?r uns eine spannende Entwicklung. Aber wenn auch Chefinnen und Chefs beruflich ku?rzertreten und Teilzeit-Modelle wahrnehmen, werden sich in Zukunft kreative Lo?sungen durchsetzen. Am Ende bringt das auch zusa?tzliche Produktivita?tseffekte fu?r Unternehmen und Agenturen mit sich – ganz im Sinne der Idee des Gru?nder-Duos aus Berlin.

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