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©pic by Rolf Schrickel
Interview mit Rolf Schrickel zur Agenturnachfolge
Wen betrifft Unternehmensnachfolge eigentlich? Und wer ist im Prozess involviert?
Das betrifft jede und jeden Inhaber, der oder die seine Tätigkeit aufgeben will. Meistens sicher, um sich zur Ruhe zu setzen – aber natürlich kann auch eine persönliche Neuorientierung der Grund sein.
Involviert sind zunächst die Inhaber, der Steuerberater und ein oder zwei fachkundige Anwälte. Denn auch wenn man sich – wie in meinem Fall – einig über die Eckdaten ist, muss das natürlich alles durchdacht und in rechtssichere Dokumente übertragen werden.
Wie lange dauert ein typischer Nachfolgeprozess und welche Phasen durchläuft man?
Wie lange ein „typischer“ Nachfolgeprozess ist, kann ich nicht sagen, denn in meinem Fall wurden meine Anteile und Aufgaben von Kollegen übernommen, die bereits in der Agentur waren.
Um der Frage aber nicht auszuweichen: Ein halbes Jahr braucht man sicher – vermutlich in den meisten Fällen eher ein bis zwei Jahre oder sogar mehr.
Die Phasen sehe ich so:
1. Sich klar werden, was man selbst will
2. Austausch mit allen Inhabern; Einigkeit über die Eckdaten herstellen
3. Alles mit Rechtsanwalt und Steuerberater besprechen, formulieren, unterschreiben
4. Führungskreis informieren
5. Kurz danach: alle Mitarbeiter informieren
6. Alle relevanten Kunden informieren
7. Alle sonstigen Geschäftspartner informieren
Ist Dir etwas aus Deiner Erfahrung hängen geblieben? Ein wichtiger Moment oder eine Anekdote?
Natürlich ist mir vieles in diesem Prozess hängen geblieben – aber mit einer Anekdote kann ich nicht aufwarten. Wenn ich zurückblicke, dann ausschließlich mit positiven Gedanken, denn wir haben hier, glaube ich, zu jeder Zeit alle relevanten Stakeholder sehr gut eingebunden.
Und welche Überraschungen kann es auf dem Weg geben?
Wir haben keine Überraschungen erlebt – was aber vermutlich eher die Ausnahme als die Regel ist …
Kommt viel Bürokratie auf einen zu? Eine Nachfolge ist ja nicht nur eine Übergabe von Verantwortung.
Klar, ohne Bürokratie geht so ein Prozess definitiv nicht über die Bühne. Aber das hielt sich in unserem Fall in erträglichen Grenzen. Wenn man sein Unternehmen an einen Externen verkauft, ist das sicher ein Vielfaches dessen, was wir erlebt haben (Stichwort Due Dilligence).
Worauf kommt es bei der Nachfolge an? Besser aus den eigenen Reihen oder lieber extern?
Wir haben meine Nachfolge aus den eigenen Reihen rekrutiert und sind happy damit.
Wir hatten den Mut, eine sehr talentierte und motivierte Kollegin zur Geschäftsführerin zu bestellen, die dabei sogar eine Hierarchiestufe übersprungen hat.
Aber ich würde daraus keine allgemein gültige Regel ableiten, denn natürlich gibt es auch Beispiele für externe Lösungen, die super funktioniert haben.
Für potentielle Nachfolger: Worauf sollte man achten, worauf lässt man sich da ein?
Wenn der Nachfolger oder die Nachfolgerin aus der eigenen Agentur kommt und wenn in dieser Agentur alle offen und ehrlich miteinander umgehen, sollte es hier keine Überraschungen geben. Natürlich muss man alle relevanten Zahlen kennen und bewerten können. Und sicher ist es eine gute Idee, sich hier auch externen Rat von einem Steuerberater und einem spezialisierten Anwalt zu holen. Schließlich ist fast jeder Nachfolger das erste Mal im Leben in dieser Situation.
Gibt es Risiken, die bei einer Unternehmensnachfolge drohen? Kann man gegensteuern?
Klar – in unserer Branche gibt es immer das Risiko, dass ein großer Kunde abspringt. Das kann konjunkturell bedingt sein, aber auch damit zusammenhängen, dass die bisherige Ansprechperson in den Ruhestand geht. Ersteres lässt sich gar nicht verhindern, letzteres zumindest im Risiko minimieren.
Gegensteuern kann man, indem man den Nachfolger / die Nachfolgerin früh und bestmöglich bei einem Kunden installiert. Ausschließen kann man das Risiko aber nicht komplett.
Wie gehen Gründer emotional mit dem Loslassen und der Übergabe um?
Ich kann nur sagen, wie ich damit umgegangen bin: Mit großer Dankbarkeit für tolle Berufsjahre und für einen sehr wertschätzenden und gegenseitig fairen Übergang.
Was würdest Du jemandem mitgeben, der gerade ein Unternehmen abgibt?
Suche Dir – am besten, bevor Du aus Deinem Unternehmen rausgehst – eine neue Aufgabe. Zum Beispiel ein Ehrenamt, das Dir Spaß macht und mit dem Du der Gesellschaft etwas zurückgeben kannst.
So war das zumindest in meinem Fall – ich bin sicher, dass mir mein Ehrenamt den Übergang sehr erleichtert hat, weil ich sofort eine neue Aufgabe hatte und nicht in ein Loch gefallen bin.
Welche Rolle kann eine Personalberatung bei der gezielten Suche spielen?
Wenn es in der eigenen Agentur keinen geeigneten Nachfolger oder eine Nachfolgerin gibt, ist eine Personalberatung fast zwingend erforderlich. Denn als Agenturchef kennt man natürlich viele Menschen – aber oft eher in der eigenen Altersklasse, und die ist meist nicht die richtige für eine Nachfolge.
Eine Personalberatung kennt den Markt natürlich weitaus besser und hat viel mehr Kontakte – es hat ja einen guten Grund, warum es diese Spezialisierung im Markt gibt.
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