Kann Times New Roman deine Karriere killen?
Mythos Bewerbungs-Prozess: Warum man gar nicht so viele Fehler dabei machen kann wie immer wieder behauptet wird.
Vor allem für Berufseinsteiger ist das Thema ein echter Angstgegner: der Bewerbungsprozess. Wie muss ein Anschreiben aussehen? Fliege ich mit der falschen Formulierung sofort raus? Und was darf, soll, kann ich im Vorstellungsgespräch sagen?
Von diesen Befürchtungen lebt eine ganze Industrie an Bewerbungsratgebern und -coaches anscheinend ganz gut: vor allem im Internet finden sich zahllose Seiten, die sich dem Thema widmen. Und dabei vor allem Ängste schüren: Sie benutzen Times New Roman als Schrift für ihr Bewerbungsanschreiben? Dann können Sie es auch gleich sein lassen. Sie haben nicht mindestens zwei Jahre Volunteer Work für wohltätige Zwecke vorzuweisen? Warum bewerben Sie sich überhaupt noch?
Selbst wenn diese Ratschläge nicht von kommerziellen Anbietern stammen, die damit ihre Coaching-Kurse und Ratgeber-Bücher verkaufen wollen, sondern ehrlich und gutgemeint sind: die Flut an echten und vermeintlichen Hilfestellungen trägt eher zur Verunsicherung der Bewerber*innen bei.
Worauf kommt es also im Bewerbungsprozess tatsächlich an? Gibt es wirklich eine Vielzahl von versteckten Fallen, die nur Experten kennen – oder reicht eigentlich eine Portion gesunder Menschenverstand? Wir wollen nicht unnötig zur Ratgeber-Inflation beitragen, deshalb hier unser ausgesprochen kompaktes Bewerbungs-How to:
Entspannt euch
Klar, Jobs sind wichtig und niemand möchte gerne scheitern. Aber was ist das Schlimmste, das euch passieren kann? Eine Absage. Tut weh, keine Frage. Aber selbst mit dem beeindruckendsten Lebenslauf und den allerbesten Referenzen kann (und wird) es euch passieren, dass sich ein Arbeitgeber für jemand anders entscheidet. Eine Absage bedeutet nicht, dass ihr schlecht seid, sondern dass es in diesem Fall einfach nicht gepasst hat. Natürlich kann es sich lohnen, angesichts einer Absage selbstkritisch auf den eigenen Auftritt zu schauen. Wenn ihr euch unsicher seid, zeigt eure Unterlagen jemandem, dem ihr vertraut oder übt mit Freund*innen ein Bewerbungsgespräch. Wichtig aber: macht euer Wohlergehen nicht vom Ausgang einer Bewerbung abhängig. Bei der Entscheidung eines Unternehmens für oder gegen eine*n Bewerber*in spielen in der Regel sehr viele Faktoren eine Rolle – und viele davon könnt ihr überhaupt nicht beeinflussen. Konzentriert euch auf das, was ihr selbst in der Hand habt!
Macht eure Hausaufgaben
Tausendfach gehört, trotzdem immer noch wahr: Eure Bewerbung ist eure Visitenkarte, der erste Eindruck, den ihr eurem möglicherweise künftigen Arbeitgeber von euch gebt. Also achtet darauf, dass hier alles stimmt: Ansprechpartner, Titel der Stelle usw. Das gilt auch für einen oft unterschätzten Aspekt: die Rechtschreibung. Die wenigsten Menschen sind absolut sicher, was Orthografie und Grammatik angeht (auch HR-Personal übrigens), trotzdem fallen Fehler auf. Selbst Flüchtigkeitsfehler wie ein Buchstabendreher im Namen eines vorherigen Arbeitgebers im Lebenslauf können im schlimmsten Fall den Eindruck von Nachlässigkeit hinterlassen. Selbst das muss nicht das Aus für eure Bewerbung bedeuten – solche Fehler sind allerdings leicht zu vermeiden, darum solltet ihr darauf entsprechend achten. Das gilt übrigens auch für das Vorstellungsgespräch: bereitet euch auf das Gespräch vor, informiert euch über das Unternehmen – nicht um eurem Gegenüber einen Gefallen zu tun, sondern euch selbst. Schließlich will man ja wissen, für wen man künftig arbeitet, oder?
Seid ehrlich!
Man kennt das Klischee aus Hollywoodfilmen: erst scheint sich der Blender und Selbstdarsteller durchzusetzen, dann gewinnt aber schließlich doch der Gute, der zurückhaltend, aber ehrlich ist. Im wahren Leben ist das zwar leider nicht immer so, aber trotzdem lohnt es sich auch im Bewerbungsprozess bei der Wahrheit zu bleiben. Natürlich will (und sollte) man sich und seine Expertise so vorteilhaft wie möglich präsentieren. Allerdings den eigenen Lebenslauf über Gebühr aufzumöbeln und zum Beispiel einen Ferien-Sprachkurs als intensive Auslandserfahrung zu verkaufen oder eine Trainee-Stelle als Position mit weitgehender Verantwortung – das schadet am Ende nur. Ehrlichkeit führt übrigens auch in einem weiteren Punkt weiter: die berühmten „Lücken im Lebenslauf“. Es mag einige wenige Branchen geben, in denen von Bewerber*innen perfekte CVs erwartet werden, das sind allerdings Ausnahmen. Ein Gap Year oder ein Sabbatical zum Beispiel sind heute keine Seltenheit mehr. Auch ein Arbeitgeberwechsel nach relativ kurzer Zeit lässt sich erklären: manchmal stellt sich eben erst in der konkreten Zusammenarbeit heraus, dass beide Seiten unterschiedliche Erwartungen hatten. Wenn das so ist, solltet ihr dies auch offen und ehrlich im nächsten Vorstellungsgespräch kommunizieren. Wichtig dabei: Ihr müsst eurem potenziellen neuen Arbeitgeber nicht alles offenlegen – wenn ihr euch mit bestimmten Informationen unwohl fühlt, sollte ihr natürlich abwägen, was ihr erzählt und was nicht.
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