Ping! Sie haben eine Mail. Oder bloß eine Message? - Der Kampf gegen den E-Mail-Wahnsinn
Ein Schreiben, in korrekter Form, mit Anrede und freundlichem Gruß. Es gibt Jugendliche, die nicht wissen wie das geht. Sie haben kein E-Mail-Konto. Sie wollen auch keines. Für ihre Kommunikation nutzen sie What’s App oder andere Messenger-Dienste. Damit sind sie nicht allein. Sieht so unsere Zukunft aus?
Die E-Mail hat unser Leben verändert: Vieles ist leichter geworden, kommunikativer. Doch viele sind angestrengt von der E-Mail-Schwemme. Sie beherrscht unseren Alltag. Ploppt eine neue Nachricht auf, werden wir unterbrochen, von etwas anderem abgehalten. Wir sind nicht mehr konzentriert bei einer Sache.
Dem Wirtschaftsmagazin Capital war das Thema eine ganze Titelgeschichte wert.
Für ihre Recherchen führte die Redaktion ein Experiment durch: Sie schrieb keine E-Mails, sondern betrieb eine Facebook-Gruppe. Schnell merkten die Journalisten: Sie müssen sich zusammenreißen. Anrufen. Auf den Flur gehen. Sich verabreden. Das Gute: Missverständnisse konnten sie besser verhindern.
Berechnungen zufolge sind Angestellte allein 20 Stunden in der Woche damit beschäftigt, E-Mails zu schreiben, zu sortieren, zu löschen und zu beantworten. Mitarbeiter benötigen im Schnitt 64 Sekunden, um nach dem Lesen einer Mail wieder zurück zur Arbeit zu finden.
Das geschieht nicht nur im Büro. Der Online-Wahnsinn erwischt uns überall. Jeder Dritte nutzt drei oder mehr internetfähige Endgeräte. Das sind so viele wie nie zuvor. Die E-Mail erreicht uns im Café, beim Einkaufen, vor dem Kindergarten oder beim Eislaufen. Wichtig und unwichtig unterscheidet sich nicht. Oft leiten wir E-Mails leichtfertig weiter, schnell setzen wir mehrere Kollegen auf cc. Damit zwingen wir den anderen ihre Aufmerksamkeit ab.
Der Trend: Weg von der Mail, hin zur Community
Deutsche Firmen entdecken Alternativen. Sie testen neue Hubs und Plattformen, viele Services sind Facebook nicht unähnlich. Dazu passt, dass junge Menschen derzeit mit einer vollkommen neuen Kommunikationskultur aufwachsen. Manche prognostizieren der E-Mail das gleiche Schicksal wie dem Telefax. Egal, ob die E-Mail nun tot ist, oder nicht: Sie wird sich verändern.
Hirst von Buttlar, Chefredakteur der Capital hat drei Regeln formuliert:
1. Trefft Euch auf dem Flur oder in der Kaffeeküche. Dort findet man immer noch die besten Ideen.
2. Das Smartphone gehört nicht neben das Bett. Es ist ungesund, um 23.57 Uhr eine E-Mail zu lesen.
3. Niemals auf „Alle antworten“ klicken. Das belästigt diejenigen, die nichts mit der Sache zu tun haben.
Jugendliche müssen den Umgang mit einer E-Mail erst noch lernen. Vielleicht verhält es sich auch umgekehrt: Bald gibt es keine E-Mail mehr - und nicht die junge Generation muss etwas lernen, sondern wir den Umgang mit anderen Kommunikationsformen.
Kommentare (1)
h
am 29.01.2023