Rechttext: Isolierter Urheberschutz von literarischen Figuren

Bekannte Figuren aus Literatur und Film sind auch in der Werbung beliebte Sympathietra?ger und oft Aufha?nger fu?r originelle Kampagnen. Die Frage ist allerdings, wie frei Unternehmen in der Verwendung dieser Figuren sind. Denn auch ein einzelner Charakter eines Sprach-, Bild- oder Filmwerks kann selbsta?ndigen Urheberrechtsschutz genießen und die Nutzung seiner Darstellung so ggf. von der Einwilligung des Berechtigten abha?ngig sein.

Voraussetzung fu?r die selbsta?ndige urheberrechtliche Schutzfa?higkeit einer literarischen Person ist, dass der Autor ihr durch die Kombination von ausgepra?gten Charaktereigenschaften, Fa?higkeiten und typischen Verhaltensweisen, sowie besonderen a?ußeren Merkmalen eine unverwechselbare Perso?nlichkeit verleiht. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen und allein die Beschreibung der a?ußeren Gestalt einer handelnden Figur oder ihres Erscheinungsbildes in aller Regel nicht ausreichend.

Der Bundesgerichtshof hatte im letzten Jahr daru?ber zu entscheiden, ob die Darstellungen eines Ma?dchens und einer jungen Frau in einem Pippi Langstrumpf Karnevalskostu?m auf Werbeunterlagen einer Supermarktkette eine unerlaubte Vervielfa?ltigung der literarischen Figur Pippi Langstrumpf in vera?nderter Form darstellten (BGH, Urteil vom 17.07.2013, Az. I ZR 52/12 – „Pippi-Langstrumpf-Kostu?m“). An der Urheberschutzfa?higkeit der bekannten Figur aus der gleichnamigen Romanserie von Astrid Lindgren bestanden dabei keine Zweifel. Der BGH hat jedoch betont, dass diese sich nicht allein auf die detaillierte a?ußere Beschreibung von Pippi Langstrumpf stu?tze, sondern sich auch mit den ihr eigenen Wesenszu?gen und ihren dargestellten Lebensumsta?nden begru?nde. So stu?nden das A?ußere von Pippi Langstrumpf sowie die wegen des Todes der Mutter und der Abwesenheit des Vaters erba?rmlich wirkenden Lebensumsta?nde in krassem Kontrast zu den u?brigen Merkmalen der Figur, die stets fro?hlich sei und sehr vermo?gend, u?ber u?bermenschliche Kra?fte verfu?ge und von ausgepra?gter Furcht- und Respektlosigkeit sei, gepaart mit Fantasie und Wortwitz. Damit habe Astrid Lindgren eine Figur geschaffen, die ihre charakteristischen Wesenszu?ge durch alle Geschichten unverkennbar beibehalte und die sich von den bis dahin bekannten Figuren deutlich abhebe.

Die streitige Frage, ob die Werbeabbildungen eine gema?ß § 23 UrhG einwilligungsbedu?rftige Bearbeitung und damit Vervielfa?ltigung der demnach urheberrechtlich geschu?tzten Figur Pippi Langstrumpf darstelle, oder ob die Abbildung von Personen in der typischen a?ußeren Aufmachung der Pippi Langstrumpf lediglich eine freie Benutzung dieser Figur im Sinne des § 24 Abs. 1 UrhG darstelle, hat der BGH letztlich zu Gunsten der werbenden Supermarktkette entschieden. Fu?r die Annahme einer nach § 23 UrhG verbotenen U?bernahme eines Romancharakters sei es nicht ausreichend, dass die angegriffenen Werbeabbildungen des Kostu?ms die orangeroten abstehenden Zo?pfe, die Sommersprossen und den Kleidungsstil der Pippi Langstrumpf mit kurzem Kittelkleid und Ringelstru?mpfen u?berna?hmen. Diese pra?gten zwar die typische a?ußere Gestalt der Romanfigur, genu?gten fu?r sich aber nicht, um den Urheberrechtsschutz an der literarischen Figur der Pippi Langstrumpf zu begru?nden, und na?hmen daher auch nicht isoliert am Schutz dieser Figur teil. Dabei sei grundsa?tzlich auch unerheblich, dass bereits aufgrund allein des a?ußeren Erscheinungsbildes fu?r jeden unschwer zu erkennen sei, dass die abgebildeten Personen Pippi Langstrumpf darstellten, weil auch eine deutliche Bezugnahme auf ein fru?heres Werk allein noch nicht die Annahme einer abha?ngigen Bearbeitung im Sinne von § 23 UrhG rechtfertige. Bei der Benutzung eines geschu?tzten Werks durch eine andere Werkgattung, also auch bei der Visualisierung einer literarischen Figur durch eine Abbildung, komme es
vielmehr auf eine U?bereinstimmung im Bereich der objektiven Merkmale an, welche die scho?pferische Eigentu?mlichkeit des Originals bestimmen.

Im Fall der Pippi Langstrumpf entstehe das vollsta?ndige und insoweit urheberrechtlich relevante Bild erst durch eine gedankliche Verknu?pfung des Betrachters mit den pra?genden Charaktereigenschaften der Figur, wie sie in der u?berragend bekannten literarischen Vorlage ausgestaltet, aber in den Werbeabbildungen nicht erkennbar seien.
Die Benutzung der bildlichen Darstellung urheberrechtlich geschu?tzter fiktiver Personen z. B. fu?r Werbezwecke ist also als freie Benutzung gema?ß § 24 Abs. 1 UrhG zula?ssig, wenn sie einen ausreichenden (inneren) Abstand zu der Vorlage ha?lt und eine vom Original unterschiedliche scho?pferische Eigentu?mlichkeit aufweist.

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