Pic by DodgertonSkillhause

So klappt’s mit dem Nachwuchs: 5 Punkte aus der aktuellen Recruiting-Diskussion

Agentur-Bashing scheint ein neuer Hype zu sein. Ja, Agenturen haben ein Nach- wuchsproblem. Wer bei ihnen arbeitet, verdient im Schnitt schlechter als anderswo. Aber wer glaubt, der Personalmangel träfe nur sie allein, verkennt das Problem. 5 Punkte, die wir bei der aktuellen Diskussion als sehr wichtig einstufen.

Vor vier Tagen war es wieder so weit: Markus B., ein junger, ehrgeiziger Kommunikationsberater, rief mich an: Er wolle kündigen, sagte er. Nächste Woche. Markus ist sauer. Auf seinen Arbeitgeber, seine Chefin: Mangelnde Führungskompetenz, willkürliche Aufgabenverteilung, keine Möglichkeit sich weiterzuentwickeln. Und dann das launische Feedback seiner Vorgesetzten im Jahresgespräch. – So wolle er nicht arbeiten.

Markus ist 28 Jahre alt. Motiviert, schlau, flexibel. Er will einen neuen Job, Sinn finden, in dem was er tut, und Leute, die menschlich fair und professionell miteinander arbeiten. Er sei auf der Suche nach Anerkennung, Förderung und Relevanz in seinem Tun. Nur noch raus aus dieser Agentur – äh, nein. Raus aus diesem Unternehmen. Markus Arbeitgeber ist eine renommierte, internationale Firma.

1. Auch Unternehmen haben Probleme mit dem Nachwuchs.
Wer die derzeitige Presse verfolgt, könnte meinen, Markus arbeite in einer Agentur. Denn: Agentur-Bashing scheint ein neuer Hype zu sein. Der ehemalige Agenturpraktikant Jasper Keßler löste mit seinem Artikel in der Horizont eine wahre Diskussionswelle aus.

Jasper Keßlers Kommentar ist interessant und mutig, die meisten seiner Kritikpunkte richtig: Agenturen sind unnahbar, drehen sich um sich selbst. Ihr Anreizsystem ist veraltet, die Hierarchien sind stark auf Überstunden aufgebaut. Es gibt zu wenig Förderung. Und die Bezahlung ist gering. Das durchschnittliche Einstiegsgehalt von Agenturmitarbeitern liegt unter dem eines Absolventen.

Ja, Agenturen haben ein Nachwuchsproblem. Aber wer glaubt, dies träfe nur sie allein, verkennt das Problem. Auch Unternehmen müssen umdenken. Sicher, aufgrund ihrer Strukturen fällt es ihnen leichter, sich auf die neue Situation einzulassen. Doch wer sich nicht schleunigst ändert, dem werden die guten Leute abhanden kommen – schneller als einigen lieb ist.

2. Der Wettbewerb zwischen Agenturen und Unternehmen um die besten Mitarbeiter wird immer größer.
Wir von DESIGNERDOCK beobachten: Lange Zeit war es hipp und angesagt für Agenturen zu arbeiten. Inzwischen haben sie sehr deutlich an Attraktivität eingebüßt. Was viele von ihnen als Anreize auf dem Arbeitsmarkt anbieten, passt immer weniger zu den Interessen des Nachwuchses. Der Wettbewerb um die Kandidaten verschärft sich.

Mittlerweile gibt es neue und attraktivere Arbeitgeber. Besonders durch die digitale Entwicklung entstehen sowohl bei etablierten als auch bei jungen Unternehmen neue Optionen – und diese sind für den zukünftigen Agenturnachwuchs oft interessanter. Agenturen sollten ihre Anreize dringend überdenken.

3. Wertschätzung entscheidet im Kampf um Talente.
Motivierte, engagierte und kreative Mitarbeiter suchen immer mehr nach spannenden Aufgaben, Entwicklungsmöglichkeiten und einer wertschätzenden Unternehmenskultur. Dazu gehört auch die Bezahlung, aber eben nicht nur. Den meisten geht es um die generelle Attraktivität der Arbeitsplätze. Auf der Wunschliste stehen Anerkennung, Fortbildungen, weniger Druck, flexible Arbeitszeiten, auch mal ein Dankeschön für Überstunden, wenn es schon keinen Ausgleich gibt, klar begrenzte Stundenzahl oder Home Office.

Der Ausdruck Work-Life-Balance ist zwar abgedroschen, aber vom Inhalt her nach wie vor aktuell. Agenturen nehmen sie allerdings nicht wirklich ernst. Teilzeitlösungen werden eher selten angeboten. Die Industrie schlägt Agenturen in diesem Bereich um Längen.

4. Gekämpft wird nicht nur um den Nachwuchs.
Nach unserem Eindruck beschränkt sich der Frust in den Agenturen nicht nur auf die Junioren: Auch auf dem mittleren und Senior-Niveau wird die Unzufriedenheit größer. Es kommen immer mehr Kreativdirektoren zu uns, die die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie nicht mehr akzeptieren wollen. Texter, die es leid sind, dass ihre Chefs die Blümchen für Präsentationen einstecken, während sie jeden Sonntag ihr kreatives Hirn auswringen.

Selbst Awards sind offensichtlich immer weniger geeignet, bei den erfahrenen Mitarbeitern Zufriedenheit zu sichern. Auch wenn sie durch die intensive Präsenz in den sozialen Netzwerken kräftig gepusht werden: Der nachhaltige Effekt scheint sich abzuflachen. Dass sich die Branche immer noch auf die Brust trommelt, ist in der Tat anachronistisch. Es wird höchste Zeit für Agenturen gründlich darüber nachzudenken, wie sie sich ihre wichtigsten Ressourcen, die Mitarbeiter, auch in Zukunft sichern.

5. Nicht nur die Agenturen müssen umdenken lernen, auch die Unternehmen.
Unternehmen und Agenturen stehen in starker Symbiose: Je günstiger die Arbeitskräfte, desto billiger die Preise für den Kunden. Umgekehrt haben Agenturen Angst, durch höhere Preise Kunden zu verlieren. Das Preisdumping setzt am Ende beide Seiten unter Druck: Unternehmen brauchen Qualität – und die ist nur mit guten Leuten zu haben.

Die Herausforderung der Agenturen besteht darin, gute Arbeit zu liefern, die ihr Geld kostet. Und dieses Geld müssen wiederum die Kunden zahlen. Und das tun diese nur, wenn sie die Arbeit der Agentur so wertschätzen, dass sie bereit sind, dafür auch mehr Geld auszugeben. Wer von diesem System profitieren will, muss umdenken – und zwar auf beiden Seiten.

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Apply to DESIGNERDOCK!

Abonnieren Sie unseren Newsletter

WIR FREUEN UNS VON DIR
ZU HÖREN!

Kontaktiere uns ganz einfach über unsere Formulare, per E-Mail oder einen Anruf.