Texter im Wandel - Warum die Branche händeringend Texter sucht

In keinem unserer DESIGNERDOCKs vergeht derzeit ein Tag, an dem wir nicht gefühlt drei Texter / Konzeptioner-Jobs besetzen sollen. Umso erschreckender ist es, dass unsere Personalberater regelmäßig händeringend suchen und oftmals niemanden Passenden finden. Dabei ist unser Netzwerk seit 20 Jahren darin spezialisiert und etabliert, den perfekten Match von Kreativen und Werbeagenturen zu ermöglichen - unsere Kartei ist beispiellos. Mit allgemeinen Buzzwords wie „Fachkräftemangel“ und „War of Talents“ ist dieser auffallende Mangel am Markt einfach nicht mehr zu erklären. 

Erst kürzlich veröffentlichte die W&V einen Beitrag zum Nachwuchsmangel an Texterschulen, in dem die Schulen unter anderem die Agenturen in die Verantwortung nehmen. Doch ist das Problem wirklich nur mit ein wenig mehr Zahlungswilligkeit von Seiten der Arbeitgeber zu lösen?

Es lohnt sich hier ein wenig tiefer nach dem „Warum“ zu fragen, wenn das Ziel sein soll, die derzeit klaffende Lücke langfristig und qualitativ hochwertig zu füllen.

„Wer keinen kennt, der einen kennt, weiß nicht viel über das Berufsbild des Texters. Das war schon immer so.“ (Linda Graze, Texterin und Geschäftsführerin vom Designerdock Stuttgart)

Zum einen ist da das Problem der Spezialisierung von Werbetextern. Der Texterberuf ist per se eine auf die Werbebranche hoch spezialisierte Profession, die schon immer eher unbekannt war. Manch einer wollte unbedingt in die Branche (so lange deren Image wild und sexy war), doch viele stolperten einfach hinein. Daher gibt es auch heute nur wenige Ausbildungswege: Entweder man geht den klassischen Copy Test/ Trainee-Weg durch eine große Netzwerkagentur oder man macht eine zumeist einjährige Ausbildung in einer spezialisierten Texterschule wie der Hamburger Texterschmiede oder dem Stuttgarter und Düsseldorfer Kreativkader. Nur wenige ausgewählte Studiengänge wie zum Beispiel Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste Berlin bieten die Möglichkeit, sich dem Berufsbild akademisch zu nähern.

Nicht ohne Grund waren und sind also Quereinsteiger im Textergewerbe schon immer üblich, doch wie meine Kollegin und Berliner Text-Beraterin Esther Funk auf den Punkt bringt „(..) erwarten gerade die mittelgroßen Agenturen sofort einsetzbare Texter, ohne wirklich selbst dazu bereit zu sein sie auszubilden.“

„Der sollte sich mal zum Texter umschulen lassen…“

Allerdings sind Texter immer auch kreative Allrounder, die crossmedial arbeiten können. Was bedeutet, dass sie auch crossmedial und branchenübergreifend ausgebildet werden wollen. Eine reine Ausbildung zum Werbetexter ist für die meisten text-affinen Persönlichkeiten uninteressant. Journalismus, Germanistik, Drehbuchschreiben, Kreatives Schreiben, PR- und Social-Media Texten sind ebenso mögliche Interessenfelder, die klassische Texterausbildungen einfach nicht mit abdecken können. Allrounder brauchen Allrounder-Anregung, eine zu starke Spezialisierung kann hier von Nachteil sein.

„Der Qualitätsanspruch wird einfach immer geringer in Zeiten kurzlebiger Medien, wenn Erfolg weniger von der eigentlichen Idee als von Klicks abhängig ist.“ (Lars Bischoff, freier Texter und Geschäftsführer Designerdock Düsseldorf)

Der Medienwandel spielt aus unserer Sicht eine ebenso große Rolle. Die neuen Medien prägen eine ganze Generation, die weniger liest und sehr viel mehr visuell als textlich interessiert ist. Gleichzeitig sind die Möglichkeiten zu schreiben und zu veröffentlichen umso vielfältiger: Bloggen, Kindl-Bücher, TV/Radio Redakteure, Social-Media, Texter auf Kundenseite, wer heutzutage Schriftsteller sein will, kann es auch werden.

Ein guter Bekannter und freier Berliner Texter nennt das immer die „unumgängliche Sinnkrise aller Texter“. Denn „Wer sich heutzutage noch fürs Texten interessiert, wird sich die Frage stellen ‚Warum in die Werbung gehen und für Hundefutter schreiben‘, wenn man auch querbeet breiter aufgestellt als Freier arbeiten kann?“

Der aktuelle deutsche Arbeitsmarkt bietet jungen Kreativen unter dem Druck des internationalen Wettbewerbs außerdem sehr viel mehr Möglichkeiten hin zu flexibleren Lebensläufen und Berufswechseln. Der klassische Weg von „Du arbeitest was du gelernt hast“ bricht immer mehr auf hin zu „Du arbeitest worin du gut bist“ und „Je breiter du aufgestellt bist, desto besser bist du“.

Werbebranche in der Imagekrise

Millenials wollen bekanntermaßen mehr Work-Life Balance, welche das Leben in der Agentur heute großflächig (noch) nicht bietet (oder bieten kann). In Projektgeschäft gesteuerten Zeiten schnallen Agenturen die Gürtel immer enger. Wie eh und je sind 50 Stunden-Wochen für Werbetexter eher die Norm als die Ausnahme. Wer sich also kreativ-lukrativ betätigen, hipp sein und ein Leben neben dem Job haben will, der wendet sich heute eher der StartUp Szene zu. Wer seinen Fokus aufs Gehalt und geregelte Arbeitszeiten legt macht sich entweder selbständig oder geht auf Kundenseite. Immer mehr Unternehmen bauen ihre eigenen Inhouse-Kreativabteilungen auf, die das Produkt gut kennen und Agenturen detailliert briefen, oftmals schon mit fertigen Texten. Da können Agenturen als Arbeitgeber kaum mithalten.

Die Lösung für das Problem kann also nur so vielschichtig sein wie das Problem selbst.

Das Gros der Texter sitzt auf Agenturseite oft jahrelang auf ein und demselben Kunden oder Thema. Gebt ihnen eine Pause, lasst sie atmen, lasst sie spielen, denn wer früher noch länger aushielt um „dabei zu sein“ hält heute noch selten dem Druck stand und geht. Nicht jeder Wortkreative kann mit Nägeln oder Löwen geschmückter Creative Director werden, seine hochwertige Arbeit wird aber trotzdem gebraucht.

„Ebenso wichtig ist es aber natürlich, dass nicht nur die großen, sondern auch die mittleren bis kleineren Agenturen Verantwortung übernehmen und sich an der Ausbildung des Nachwuchses mitbeteiligen.“ (Esther Funk, Senior Beraterin Text Designerdock Berlin).

In diesem Zusammenhang wäre aus unserer beratenden Perspektive eine berufsbegleitende Ausbildung ideal. Anstatt Trainees, die so oder so schon von minimalem Gehalt leben, auch noch eine Abendschule selbst zahlen zu lassen, sollte sich die Zusammenarbeit zwischen spezialisierten Texterschulen und Agenturen intensivieren. Hier gibt es noch viel Luft nach oben.

Ebenfalls ist es wohl kaum zielführend die Qualitätserwartungen für den Einstieg weiterhin hoch zu halten, wenn die Machtverhältnisse sich drehen. Der GWA geht das Imageproblem der Branche in jüngster Zeit ja schon sehr stark mit Formaten wie den adday/adnights an, doch in erster Linie stehen Agenturen vor dem Problem, dass sie ihren Auftraggebern klar machen müssen, dass gute Kreation ihren Preis hat. Erst wenn sich dieser Preis-Leistungsanspruch wieder etabliert, ist die Branche wirklich in der Lage, stark gefragten Kreativen die Arbeitsumgebung und das Gehalt zu geben, welches sie (berechtigterweise) verlangen, um sie langfristig zu binden. 

Auf der anderen Seite sollte da wo Mangel herrscht, auch ein größeres Ausbildungsspektrum angeboten werden. Daher würden wir uns wünschen, dass gerade im Hochschulbereich potentiellen Textern das, wonach sie suchen, auch wirklich geboten wird: Eine im Gegensatz zu klassischen Texterschulen akademische und anspruchsvolle Auseinandersetzung mit Wort und Bild, breit aufgestellt über alle Medien und kommerzielle wie auch non-kommerzielle Nutzungswege verteilt. Was auf den ersten Blick die Ausbildung zum reinen Werbetexter verwässern würde, würde aus unserer Sicht auch Talente anreizen, die sich zuvor niemals Gedanken gemacht haben, in die Werbung zu gehen. Genau das sind ja oft die herausragenden Köpfe, die am Ende die Nägel und Löwen holen.

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