Pic by Innerfields

Warum so viele ältere Mitarbeiter ignoriert werden

Wir von DESIGNERDOCK finden: Das Alter ist kein Zustand, sondern eine Zahl. Trotzdem fällt es vielen Arbeitgebern schwer, Bewerber über Vierzig als ernstzunehmende Kandidaten zu akzeptieren.

Es passierte vor ein paar Wochen, auf einem Netzwerk-Treffen einer Berliner Werbeagentur: Die Anwesenden: fast alle jünger als 30 Jahre. Sie sahen gut aus, und fast jeder von ihnen hielt ein Flaschenbier in der Hand. Nur eine der Personen warwar Ü40: Der Geschäftsführer, 43 Jahre alt. Typisch, dachte ich, diese Branche bedient wieder alle Klischees. Wann wacht sie endlich auf?

Werbeagenturen sind jung, Startups sowieso. Um eine Handvoll seniorige Geschäftsführer schart sich meist eine Gruppe Volontäre, Kreative oder Digitalfreaks. Die meisten Junior-Berater sind unter 25, Senior ist man ab 30. Drüber? Ist die GF. Das extremste Beispiel ist eine Agentur mit acht Mitarbeitern, wovon drei Geschäftsführer und vier Mitglieder der Geschäftsleitung sind.

„Wir haben die Leute zu früh befördert.“

Benedikt Holzapfels traf mit seiner Kolumne in der W&V einen Nerv der Branche. Der CEO von GGH Lowe fordert das Ende des Jugend-Hypes in den Agenturen. Holzapfels kritisiert nicht nur das hippe Image der Branche, sondern auch den kranken Titel-Wahnsinn und den Irrglauben, dass jeder mit 35 Jahren schon eine leitende Position haben muss. Die Resonanz auf seinen Artikel in der W&V war überwältigend: zahlreiche Kommentare auf Facebook – und jede Menge Zustimmung von Kollegen.

Die Vorurteile gegenüber älteren Beschäftigen sind enorm

Veraltete Kenntnisse, zu unflexibel, zu oft krank, zu teuer – oder schlichtweg zu kritisch. Die Vorbehalte von Personalabteilungen oder Agentur GFs gegenüber Bewerbern über 40 Jahren sind hoch. Kommt es zu einem Gespräch, hat der Bewerber – und noch viel häufiger die Bewerberin – wenig Gelegenheit, die Vorurteile zu entkräften. Natürlich bekommen sie kein offenes Feedback, es gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung.

Viele haben Angst, den Anschluss zu verlieren

Zum Beispiel Theresa: 43 Jahre alt, geschieden, zwei Kinder. Viele Jahre Berufserfahrung bei einer renommierten Berliner PR-Agentur, ein Doktortitel, fließend mehrsprachig – und auf Jobsuche. Sie brauchte fast 12 Monate, bis sie eine neue Stelle als Projektmanagerin fand. Eine Woche vor Ablauf von ALG I bekam sie endlich die Zusage für den neuen Job. Mit Abstrichen: schlechtere Bezahlung, längere Anfahrt – aber immerhin: Sie steht morgens wieder gerne auf und kann ihre Wohnung halten.

Oder Reimund Schmitt, Ü50: Nach etwa 200 Bewerbungen habe er aufgehört zu zählen, schreibt er auf Xing. Er sagt: „Es gibt keinen Arbeitsmarkt für Ältere wie mich.“ Auf seinen Artikel bekam er fast 40.000 Reaktionen.

In der deutschen Werbebranche gelten Leute ab 40 als zu alt

Die Botschaft ist eindeutig: Sei jung, sei hip, sei voller Energie. Wenn die Ansprache in Stellenanzeigen da "Du" ist, fühlen sich 45-jährige nicht mehr angesprochen. Dass auch eine erfahrene Bewerberin motiviert sein kann, genug Energie für ihre Familie und den Job hat und manchmal mehr brennt, als eine verwöhnte 25-jährige, interessiert die Personaler nicht: Sie sind ja meist selbst erst Mitte Dreißig.

Das Problem: Der Lebensstil – und das Gehalt

In Agenturen geht es ähnlich zu wie bei den Unternehmensberatungen: Up or out. Entweder es geht weiter auf dem Titel-Treppchen oder aber ich unterschreibe besser woanders. Nicht selten ist die Kundenseite attraktiver: Es locken nicht nur das Gehalt, sondern auch eine bessere soziale Absicherung, bezahlte Überstunden und weniger Wochenend-Arbeit.

Weil es selten ist, als Art Director jemals mehr als 5.000 Euro Brutto zu verdienen, wollen am Ende alle Creative Director oder eben gleich Geschäftsführer werden. Da die eigenen Vorgesetzten dafür aber keinen Platz machen, heißt es: Selbst gründen oder einen anderen Job suchen. Aber warum kann ein guter Texter nicht auch mal mehr verdienen als ein CD?

Wie sind eure Erfahrungen mit dem Älter werden im Agenturumfeld? Hattet ihr schon mit Problemen zu kämpfen oder bekommt ihr, im Gegenteil, besondere Wertschätzung, ob eures reichhaltigen Wissens?

Kommentare (0)

Keine Kommentare gefunden!

Neuen Kommentar schreiben

Apply to DESIGNERDOCK!

Abonnieren Sie unseren Newsletter

WIR FREUEN UNS VON DIR
ZU HÖREN!

Kontaktiere uns ganz einfach über unsere Formulare, per E-Mail oder einen Anruf.