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Wie aus einem Flüchtling ein Kollege werden kann

"Wir kamen zu Studium und Arbeit, nicht zum Essen und Schlafen". – Vor wenigen Wochen hielt eine Frau ein Plakat mit dieser Aufschrift vor einer Flüchtlingsunterkunft in Hamburg in die Höhe. Es ist ein Satz, der uns von DESIGNERDOCK aus dem Herzen spricht – und nachdenklich macht. 

Als Personalberater liegt uns das Thema Arbeit wie kein anderes am Herzen. Menschen eine Arbeit zu vermitteln, ist unser tägliches Geschäft. Wir als Personalvermittler beobachten diese Situation derzeit mit gemischten Gefühlen: Mitgefühl, Spannung und Sorge. Flüchtlinge suchen Schutz. Flüchtlinge wollen Bildung. Flüchtlinge wollen Arbeit.

Und wir fragen uns: Was können wir, was kann unsere Branche tun?
Die einen versprechen sich positive Effekte für Konjunktur und Arbeitsmarkt. Die anderen warnen vor hohen Sozialleistungen und Integrationsproblemen. Ob Behörden, Arbeitgeber oder Wissenschaftler: Derzeit wissen sie alle noch ziemlich wenig darüber, wie gut die ankommenden Flüchtlinge wirklich ausgebildet sind.

Wahlweise postulieren die einen den Niedriglohnsektor und Schwarzmarkt, die anderen versprechen sich viel von den Fachkräften und dem hohen Akademikergrad. Die Zahlen schwanken zwischen geschönt und geschwärzt. Und wie immer liegt die Wahrheit wohl am Ende in der Mitte: Schwarz oder weiß sind die Dinge selten.

Wir alle wissen, was ein guter Mitarbeiter in unserer Branche können muss.
Sicher, das Beherrschen der deutschen Sprache ist für einen Kundenberater oder Texter essenziell. Doch es gibt Möglichkeiten. Für einen Job als Programmierer oder Designer braucht es andere spezielle Kenntnisse, die oft nichts mit der Sprache zu tun haben. Dennoch ist die erste Hürde immer die deutsche Sprache, denn kaum ein Arbeitgeber stellt jemanden ein, der sich nicht mit den Kollegen unterhalten kann.

Auch sind jede Menge Start-ups und internationale Agenturen schon heute gewohnt, mit internationalem Personal und multikulturellen Biografien zu arbeiten. Viele Flüchtlinge sind außerdem extrem motiviert, schnell eine Sprache zu lernen. Warum sie nicht dabei unterstützen?

Drei interessante Fakten:
1. Jeder interessierte Arbeitgeber kann einem potenziellen Arbeitnehmer im Genehmigungsverfahren helfen.  
Immer mehr Arbeitgeber zeigen Bereitschaft, sich für Flüchtlinge einzusetzen. Für die einen ist der Fachkräftemangel eine Motivation. Für die anderen spielt es eine Rolle, die Asylbewerber zu unterstützen.

Hat der Flüchtling bereits ein konkretes Vertragsangebot von einem Arbeitgeber vorliegen, wird die Arbeitsgenehmigung oft deutlich schneller erteilt. Denn: Die größte Hürde für einen Job ist nach wie vor ein ungeklärter Aufenthaltsstatus. Je schneller dieser geklärt ist, desto schneller können die Flüchtlinge Arbeit finden. Mit einem konkreten Arbeitsvertrag rückt dieses Ziel für Flüchtlinge in greifbare Nähe.

Klar, ist das kompliziert. Und es kostet auch Zeit und Mühe. Doch bei den Behörden bewegt sich einiges – ein guter Zeitpunkt, um selbst aktiv zu werden. Und am Ende lohnt es sich.

2. Mit einem Praktikumsvertrag ist es leichter, einen Flüchtling überhaupt an Bord zu bekommen.
Mit einem Praktikumsvertrag ist es einfacher, die vorgeschriebene EU-weite Vorrangprüfung zu durchlaufen. Der Grund: Das Praktikum lässt sich stärker auf die Qualifikationen des Bewerbers zuschneiden. Bisher war für ein Praktikum zusätzlich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erforderlich. Seit dem 1. August 2015 hat der Gesetzgeber bestimmte Praktika von dem Zustimmungserfordernis ausgenommen.

Bei einem längeren Praktikum hat man genügend Zeit sich kennenzulernen. Anschließend kann man dann einen richtigen Arbeitsvertrag abschließen.

3. Ehrenamtliche Einrichtungen und Initiativen helfen bei der Auswahl der geeigneten Bewerber und unterstützen bei den Formalitäten.
Die erste Jobbörse für Flüchtlinge workeer will arbeitsuchenden Flüchtlingen den Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtern. In der Datenbank finden sich nicht nur Arbeiter, sondern auch Designer, Journalisten, Architekten oder Programmierer.

Die jungen Macher von workeer wollen es Flüchtlingen einfacher machen, durch die Aufbereitung der eingetragenen Informationen eine aussagekräftige überzeugende Bewerbung zu erstellen. Das finden wir gut: Es hilft den Flüchtlingen – und den Arbeitgebern.

Auch die Initiative Mygrade weiß, wie schwer es Flüchtlinge bei der Jobsuche haben. Der Rechtsanwalt und Gründer Paul Schmitz arbeitet mit vollem Einsatz daran, Flüchtlinge und Unternehmen an einen Tisch zu bringen. Die Resonanz der deutschen Unternehmen ist überwältigend. Die Initiative ist für ihn inzwischen ein Vollzeitprojekt – und Mygrade hofft, bald mit mehr Ressourcen an ihrem Projekt arbeiten zu können.

Ihr seid kein Arbeitgeber, aber wollt selbst aktiv werden?
Bei Interesse könnt ihr Mygrade eure Skills zur Verfügung stellen. Konkret gesucht werden ehrenamtliche Kräfte, die
• beim Aufbau ihrer Datenbank unterstützen
• bei der Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising unterstützen
• sich an der Strukturierung und alltäglichen Arbeit von Mygrade beteiligen
• bei der Organisation neuer Treffen unterstützen

Weitere Informationen
Alles zum Thema Arbeitsvertrag, Asylverfahren und Aufenthaltsgenehmigung findet ihr in unserer Rubrik Arbeitsrecht.

Alles zum Thema Beschäftigung, Ausbildung und Formalitäten findet ihr auch in diesem Leitfaden.

Wie steht ihr zu diesem Thema? Könnten ihr euch vorstellen, mit neuen Kollegen aus Flüchtlingsländern zusammenzuarbeiten? Oder habt ihr vielleicht sogar schon Kollegen mit Flüchtlingshintergrund? Eure Meinung interessiert uns!

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