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Wird es zukünftig noch Freelancer geben? Ein Interview mit Barbara Graef.

Eine grundsätzliche Frage: Warum arbeiten Agenturen eigentlich mit Freelancern zusammen? Was bringen sie ein?

 

Es gibt in Agenturen immer wieder Situationen, in denen kurzfristig Unterstützung benötigt wird. Bsp.: Der Agenturkunde kommt spontan mit einem Projekt um die Ecke, für das das Team aber keine Kapazitäten mehr hat. Oder aber die „Klassiker“ wie Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen.

Ein weiterer Grund ist der Bedarf an Spezialisten für einen bestimmten Bereich oder eine bestimmte Branche. Ich erinnere mich an eine Anfrage vor vielen Jahren. Gesucht wurde eine Konzeptioner / Texter mit abgeschlossenem Medizinstudium, hervorragender „Werbevita“ und spezialisiert auf den Bereich Onkologie.

 

Und warum entscheiden Leute sich dazu, in die Selbstständigkeit zu gehen? Trotz der Risiken und Unabwägbarkeiten?

 

Ich denke, dass für viele die Flexibilität ausschlaggebend ist. Und man arbeitet vielleicht ein bisschen selbstbestimmter. Einige möchten auch nicht nur in der Kommunikationsbranche tätig sein, weshalb sich ein „zweites Standbein“ gut mit der Selbständigkeit kombinieren lässt.

 

Wie sieht der Markt in München aus? Unterscheidet die Situation sich von anderen Standorten?

 

Hier in München haben sich im letzten Jahr verstärkt Freelancer aus unserem Pool zurückgemeldet bzw. haben sich neue Freelancer beworben.

Zusammen mit DESIGNERDOCK Berlin waren wir immer ganz weit vorne bei den freien Jobs. In den letzten Jahren haben die Anfragen für Festanstellungen aber aufgeholt.

 

Wer wird aktuell viel gesucht? Gibt es Branchen, die besser funktionieren?

 

Leider sind die Freelance-Anfragen deutlich zurückgegangen. Viele Unternehmen sind auf Sparkurs bzw. vorsichtig, was neue Projekte angeht. Das bekommen die Agenturen zu spüren und somit natürlich auch die Freelancer.

 

Wer freelanced gerade? Sind es eher junge Leute oder Menschen mit Berufserfahrung?

 

Junge Leute, aber auch nach wie vor die „alteingesessen“, sehr erfahrenen Freelancer.

 

Ist Freelancing finanziell interessant oder hat sich etwas bei den Preisen getan? Lange gingen die Preise ja nach oben, jetzt sollen sie wieder stagnieren oder nach unten gehen.

 

Ich würde sagen sie stagnieren. Einen Rückgang der Stunden- / Tagessätze konnten wir bislang nicht feststellen. Es entsteht aber natürlich ein gewisser Druck. Weniger Anfragen, mehr Freelancer - da wird auf Kundenseite vermutlich schon das ein oder andere Mal übers Honorar entschieden.

 

Wollen wirklich mehr Leute zurück in Festanstellungen? Und wenn ja, warum?

 

Ob es wirklich mehr sind, kann ich nicht sagen. Es gibt Freelancer, die sehr gut gebucht sind. Andere können diese - nennen wir es einfach mal so - „Durststrecke“ irgendwie durchhalten. Und es gibt diejenigen, die einfach wieder ein bisschen mehr Sicherheit suchen.

Was wir auf jeden Fall feststellen: das Interesse an Teilzeitjobs ist gestiegen.

 

Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz für Freelancer? Nimmt sie die Jobs weg oder entsteht hier ein neuer Skill?

 

Das hängt sicher von dem Bereich ab, in dem jemand tätig ist. Natürlich kann man mit KI texten und gestalten. Ich glaube aber, dass es für gute, ideenstarke und innovative Kommunikation nach wie vor „echte Menschen“ braucht. Und kann eine KI einen Berater oder Projektmanager ersetzen ?

 

Wem würdest du Anfang 2025 empfehlen in die Selbstständigkeit zu gehen? Welche Skills müssen die Leute mitbringen?

 

Ganz ehrlich? Ich würde erstmal abwarten, wie sich 2025 entwickelt. Selbständig ist man ja relativ schnell ;-). Grundsätzlich würde ich Berufseinsteigern davon abraten, sich selbständig zu machen. Das ist aber ganz unabhängig von der wirtschaftlichen Lage. Meiner Meinung nach braucht es einfach eine gewisse Erfahrung, um zu freelancen. Und die sollte man sich als Einsteiger erstmal durch ein paar feste Jobs aneignen.

 

Was würdest du jemandem sagen, der gerade eine Freelance-Krise durchmacht?

 

„Durchhalten“. Und vermutlich auch: „Es liegt nicht an dir“. DESIGNERDOCK München gibt es inzwischen seit 23 Jahren und ich kann sagen: sie waren immer wieder mal da - die schwierigen Zeiten. Es gab aber auch immer die guten Zeiten. Und so eine gute Zeit wird mit Sicherheit wieder kommen.

Kommentare (1)

  • Ute Schneider
    vor 3 Wochen
    Ich arbeite mit Barbara Graef bzw. mit designerdock in München seit 2003 zusammen. Und alles, was sie sagt, trifft zu 100% zu. Und was immer und überall gilt: DURCHHALTEN und sich immer wieder neu erfinden. Dazulernen. Sich einbringen. Und sichtbar bleiben.

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