
©pic by Niels van Hoek
Zwischen den Zeilen fühlen
Ein Gespräch mit Niels van Hoek über das stille Sehnen, echte Verbindung – und warum Coaching vielleicht das neue Kreativsein ist.
Manche Menschen reden. Andere öffnen mit wenigen Worten einen Raum. Nicht nur zum Denken, sondern zum Spüren. Niels van Hoek ist so jemand. Texter, Creative Director, Coach. Er kennt das Rampenlicht der Werbewelt ebenso wie die Schattenzonen persönlicher Entwicklung. Und heute bringt er beides zusammen. Ein Gespräch über Sinn, Systeme – und das, was bleibt, wenn das Außen zu laut und das Innen zu leise geworden ist.
Niels, warum wenden sich immer mehr Menschen dem Coaching zu?
Weil vieles von dem, was gestern noch Halt gegeben hat, heute etwas hohl klingt. Wir leben in einem Zeitalter der Erschöpfung bei gleichzeitigem Überfluss. Alles ist da – außer Richtung. Coaching ist für viele die erste Gelegenheit, nicht zu performen, sondern zu spüren. Kein Kurs, kein Karriere-Kick, sondern ein Kontinuum aus Fragen, Pausen und innerer Bewegung. Zu sich kommen.
Es geht um etwas Uraltes: das Gesehenwerden. Um Impuls und Resonanz. Nicht durch Likes, sondern durch Präsenz.
Wie kamst du persönlich zum Coaching?
Ich bin ein Mensch zwischen den Polen: Die Familie aus Holland, aufgewachsen im Allgäu. Da das Meer, das zieht. Dort die Berge, die halten. Die Werbung war viele Jahre mein Zuhause. Ich habe als Texter und Creative Director große Marken begleitet, Kampagnen gebaut, Ideen auf den Punkt gebracht. Ich liebte das Spiel mit Sprache, mit Bildern, mit Wirkung.
Aber irgendwann merkte ich: Ich entwickle Geschichten für andere – und spüre dabei meine eigene immer weniger. Ich wusste, wie man Emotionen erzeugt. Aber ich fragte mich zunehmend, wie viel davon noch echt war. Gleichzeitig veränderten sich die Gespräche im beruflichen Umfeld. Kollegen fragten mich plötzlich nicht mehr nur nach Headlines – sondern nach Haltung. Nach Orientierung.
Da begann etwas zu kippen. Ich wollte nicht mehr nur Konzepte schreiben, sondern Menschen wirklich begegnen. Nicht mehr bloß Relevanz schaffen – sondern Resonanz erleben. So kam ich zum Coaching. Erst als Ausbildung. Dann als Haltung.
Und fand dort nicht nur eine neue Aufgabe, sondern einen anderen Blick auf das, was uns wirklich bewegt.
Was macht für dich einen guten Coach aus?
Ein guter Coach schafft einen Raum, in dem nichts muss – aber vieles darf. Einen Ort ohne Bewertung. Er drängt nicht auf Antworten, sondern öffnet Fragen, die nachklingen. Er kann Stille aushalten. Und Unsicherheit, ohne sie sofort auflösen zu wollen.
Er erkennt die Schönheit in deinen Widersprüchen – und die Kraft, die darin verborgen liegt. Und er bringt die Fähigkeit zu hören was nicht gesagt wird. Und vor allem, warum.
Coaching braucht auch kreative Intelligenz. Nicht im Sinne von Techniken, sondern als innere Elastizität. Wer Menschen begleiten will, muss beweglich denken – und bereit sein, das neue zu erspüren. Ein Zustand von offener Wachheit. Ich nenne es „Zwischen den Zeilen fühlen“
Wie erkennt man, ob ein Coach zu einem passt?
Gar nicht so leicht. Es ist ein bisschen wie mit guter Literatur: Sie trifft dich nicht über den Verstand, sondern über eine stille Stelle in dir, die plötzlich zu vibrieren beginnt.
Ich rate immer: Hör weniger auf die Zertifikate. Und mehr auf das Gefühl beim ersten Gespräch. Wirst du klüger – oder freier? Spürst du Weite – oder willst du gefallen? Ein guter Coach macht dich nicht abhängig. Er macht dich empfänglich – für dich selbst.
Ist es hilfreich, wenn ein Coach aus derselben Branche kommt?
In manchen Fällen, ja. Ich kenne das System „Agentur + Medien“ von innen. Ich weiß, wie Euphorie und Erschöpfung sich abwechseln wie Tag und Nacht. Wie man auf der Bühne glänzt und sich hinter den Kulissen leer fühlt. Das schafft Nähe.
Aber letztlich ist nicht entscheidend, ob der Coach dieselbe Branche kennt – sondern ob er die Wechselwirkungen im System durchschaut. Und dir helfen kann, dich darin nicht zu verlieren.
Du arbeitest nach wie vor in der Werbung. Was hat sich verändert?
Ich schreibe weiter. Ich entwickle weiter. Ich denke in Konzepten – aber nicht mehr nur für Kampagnen, sondern auch für Kulturen. Ich arbeite heute mit Agenturen, Unternehmen, Menschen, die mit ihrem Tun etwas in Bewegung setzen wollen – nicht nur Produkte. Marken mit Haltung. Ideen mit Tiefe.
Die Werbung kann so viel sein: Verführung, Versprechen, Veränderung. Aber oft wird sie nur noch verwertet – auf Effizienz getrimmt, ihrer Poesie beraubt.
Ich glaube an Werbung. Aber an eine, die nicht nur wirkt, sondern etwas in Gang setzt. Die nicht nur konvertiert – sondern inspiriert. Die leise Töne zulässt. Und sich wieder traut, Fragen zu stellen, statt Antworten zu simulieren.
Wenn du an deine Verbindung zu DESIGNERDOCK denkst – was bleibt dir da besonders in Erinnerung?
Was bleibt, ist mehr als ein Kontakt. Es ist eine Wegbegleitung.
Barbara Graef und ich kennen uns nun seit über zwanzig Jahren. Und ich sage bewusst: kennen – nicht nur vernetzt sein. Denn was Barbara und ihr Team auszeichnet, ist nicht nur Vermittlung, sondern echtes Verstehen. Sie haben mir Türen geöffnet, bevor ich wusste, dass ich anklopfen will. Und sie haben immer wieder gespürt, wann ein neuer Schritt ansteht – nicht nur auf dem Papier, sondern im Leben.
Sie wussten, dass Karrieren nicht linear verlaufen, sondern lebendig sind. Dass kreative Menschen keine Profile sind, sondern Persönlichkeiten.
In gewisser Weise war DESIGNERDOCK für mich der erste Ort, an dem Coaching passierte, ohne so genannt zu werden. Eine leise Form von Begleitung, die zwischen den Zeilen wirkte. Und dafür bin ich sehr dankbar.
Mehr über Niels van Hoek:
Website: www.nielsvanhoek.com
Instagram: @salonschwabing
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