Kein Urheberschutz für Cremetiegel "Ice Cube"

Um als Werke der angewandten bildenden Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG Urheberrechtsschutz beanspruchen zu können, müssen Gebrauchsgegenstände, auch soweit sie geschmacksmusterschutzfähig sind, die noch einmal gesteigerten Anforderungen an eine die Durchschnittsgestaltung deutlich überragende Schöpfungshöhe erfüllen. Diesen in ständiger Rechtsprechung gefestigten Grundsatz hat das Oberlandesgericht Köln in einer Entscheidung aus dem Jahr 2011 noch einmal ausdrücklich bestätigt, in der es (auch) über die Urheberschutzfähigkeit eines Cremetiegels zu entscheiden hatte (OLG Köln, Urteil vom 22.06.2011, Aktenzeichen 6 U 46/11).

Die Klägerin hatte einen Cremetiegel entwickelt und unter der Bezeichnung "Ice Cube" als Geschmacksmuster schützen lassen, der durch sein spezifisches Design, "als dessen Grundidee die Integration eines mittig aufschraubbaren, außen metallisch schimmernden kugelförmigen Behältnisses in einen würfelförmigen durchsichtigen Kunststoffblock mit abgerundeten Ecken bezeichnet werden kann", an einen Eiswürfel erinnern sollte. Obwohl damit der hier tätige Produktentwickler bei der Gestaltung des Tiegels also gewiss einer eigenen Idee gefolgt ist und eine Gestaltung umgesetzt hat, die nicht allein durch die Funktionalität des Gegenstands bereits vorgegeben war - als die Klägerin durch eine über den Shoppingsender QVC in auffallend ähnlich gestalteten Tiegeln angebotene Tagescreme (auch) Urheberrechte an ihrem "Ice Cube" verletzt wähnte und klagte, wurde ihr der Schutz durch das Urhebergesetz versagt, weil der als Eiswürfel gestaltete Cremetiegel die für ein Werk der angewandten bildenden Kunst erforderliche Schöpfungshöhe nicht erreiche.

Das OLG Köln betonte in seiner Entscheidung, dass gegenüber einer geschmacksmusterfähigen Gestaltung, die sich ihrerseits ja bereits von der nicht geschützten Durchschnittsgestaltung, also dem rein Handwerklichen und Alltäglichen abheben muss - was der "Ice Cube" zweifellos erreicht - die Urheberschutzfähigkeit ein noch deutlicheres Überragen und einen noch höheren schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad erfordere, und dass die Grenze zwischen Geschmacksmuster und urheberrechtlich geschütztem Werk nicht zu niedrig angesetzt werden dürfe. Die von der deutschen Rechtsprechung insoweit geforderte Gestaltungshöhe müsse es nach den im Leben herrschenden Anschauungen rechtfertigen, von Kunst zu sprechen - und dem konkreten Design des "Ice Cube", das "über eine gefällige Kombination ästhetisch naheliegender und zweckmäßiger Elemente nicht wesentlich hinausgeht, [liege] kein im vorgenannten Sinne künstlerischer Wurf zu Grunde".

Die Kritik des OLG Köln mag aus Designersicht recht harsch klingen; letztlich wird sie aber dem Zweck des Urheberrechts gerecht, die Produkte künstlerischer Arbeit, "persönliche geistige Schöpfungen" (§ 2 Abs. 2 UrhG) unter besonderen Schutz zu stellen. Gebrauchsgegenstände, die in aller Regel für die Serienproduktion entwickelt und gestaltet werden, werden die erforderliche Gestaltungshöhe tatsächlich nur in Ausnahmefällen erreichen.

© 2013 Julia Schubert, Rechtsanwältin
Kanzlei Karsten & Chudoba

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