Design-Klau in der Textilindustrie und die rechtlichen Folgen

Heute setzen wir uns mit einem aktuell von unserer Kanzlei geführten Rechtsstreit auseinander, über den das Landgericht Berlin in der KW 23/2009 zu entscheiden hatte. Wir vertreten die rechtlichen Interessen des exklusiven deutschen Vertriebs einer populären US-amerikanischen Bekleidungsmarke, die sich auch bei Produktfälschern größter Beliebtheit erfreut. Während der Standardfall, nämlich die klassische Produktfälschung, die unter Verwendung des gleichen Markennamens, in der Absicht, das Plagiat werde für ein Original gehalten, in der Regel unproblematisch markenrechtliche Ansprüche der Originalherstellerin und Markeninhaberin auslöst, gestaltet sich die Rechtsverfolgung beim vorliegenden Sachverhalt etwas komplizierter:

Eine Billig-Textilienherstellerin kopiert die Bildmotive der Edel-Marke und druckt sie identisch bzw. mit leichten Abänderungen auf T-Shirts, die sie mit ihrem eigenen Markennamen versieht. Dabei werden einzelne Bildelemente weggelassen, leicht verändert oder hinzugesetzt, was aber an dem übereinstimmenden Gesamteindruck nichts ändert.

Der Unrechtsgehalt dieser Übernahme fremder Designs und die negativen Auswirkungen auf den Vertrieb der Originalprodukte schreien geradezu nach einem Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz.

Zutreffenderweise hat das Landgericht Berlin vorliegend im Ergebnis den Unterlassungsanspruch aus Urheberrecht bejaht. Hierfür ist Voraussetzung, dass die betroffenen Motive die für den Urheberrechtsschutz erforderliche Schöpfungshöhe erreichen. Generell stellt die Rechtsprechung dabei an die so genannte angewandte Kunst, zu welcher insbesondere Produkt- und Modedesigns zählen, besonders hohe Anforderungen. Während im Bereich der Bildenden Kunst nahezu alles, was hierzu deklariert wird, Urheberrechtsschutz genießt, unterfallen Produktgestaltungen in der Regel eher nicht dem Urhebergesetz. Beispielsweise sollten Mondrians Kunstwerke mit farbig gestalteten Quadraten unproblematisch urheberrechtlichen Schutz genießen, während dem daran angelehnten Produktdesign von L’oreal dieser nach den allgemeinen Kriterien für angewandte Kunst tendenziell zu versagen wäre. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass es im Bereich kommerzieller Produktgestaltung eine Monopolisierung von Designs durch zu weitgehenden Urheberschutz zu vermeiden gilt.

Das Landgericht Berlin bestätigte unsere Rechtsauffassung, dass die hier verletzten Designs allerdings in ihrer konkreten Ausgestaltung sehr wohl einen ausreichenden schöpferischen Gehalt aufweisen. Es handelte sich um eine Kombination verschiedener Symbole und Motive, die teilweise einen religiösen oder esoterischen Ursprung aufweisen bzw. der Tattoo- und Rockerszene entstammen. Gerade in der auffällig gegensätzlichen Kombination des religiösen Motivensembles und der Tätowierungen auf den Armen (in betender Pose) sah das Gericht eine über das durchschnittliche Maß hinausragende individuelle Schöpfungshöhe, die urheberrechtlichen Schutz rechtfertigt. Auch den Einwand der Gegenseite, es handele sich um vorbekannte Formen der sog. "Old School"-Tattoo-Gestaltung, ließ das Gericht nicht gelten. Die übernommenen Bildmotive spielen mit einer konträren Symbolik und stellen die detailreich gestalteten Einzelmotive in individuell kreativer Weise dar. So besticht der mit Rosen umrankte Totenkopf laut Landgericht Berlin "durch nahezu lächelnde Gesichtszüge".

Da lächelt auch der Designer, dessen schöpferische kreative Leistung in dieser Entscheidung zu Recht angemessen als urheberschutzwürdig anerkannt wurde.

© Kanzlei Karsten & Chudoba

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