Mängelgewährleistung und Haftung

1. Was ist Haftung?
Haftung bedeutet Schadensersatz leisten müssen. Haften muss derjenige, der seine vertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt und dadurch einen Schaden verursacht hat. Drei Komponenten müssen zusammen treffen, um einen Haftungsfall auszulösen:

  •  Pflichtverletzung

  •  Verschulden

  •  Schaden

a. Pflichtverletzung
Pflichten können nur dort verletzt werden, wo sie auch vorhanden sind. Die Pflichten des Auftragnehmers ergeben sich vor allem aus der Vereinbarung mit dem Auftraggeber. Haben die Parteien eine Beratung durch den Auftragnehmer vereinbart, so ist dieser dazu verpflichtet, seinem Auftraggeber diejenigen Tatsachen vollständig und richtig zu benennen, die für eine Entscheidungen und deren Umsetzung notwendig sind. Er ist aber nicht dazu verpflichtet, die Entscheidungen zu fällen, diese umzusetzen und einen bestimmten Erfolg zu erzielen. Ein Berater verletzt seine Pflichten, wenn er falsch berät, nicht aber, wenn seine richtige Beratung fehlerhaft oder gar nicht umgesetzt wird.

Tipp für die Vertragsgestaltung
In dem Vertrag sollte sehr genau beschrieben werden, zu welchen Leistungen sich der Auftragnehmer verpflichtet. Um eine zu großzügige Interpretation über den Umfang der vereinbarten Leistungen zu vermeiden, bietet es sich an, die Leistungen ausdrücklich auszuschließen, die nicht vom Auftragnehmer zu erbringen sind.

Beispiels-Klausel:
Vertragsgegenstand ist die Beratung des Auftraggebers auf dem Gebiet der Mediengestaltung. Die Leistungen sind erbracht, sobald der Auftragnehmer dem Auftraggeber die vertraglich vereinbarten Feststellungen und Informationen sowie die daraus folgenden Empfehlungen mitgeteilt hat. Die Umsetzung der Empfehlungen obliegt dem Auftraggeber allein und ist nicht mehr Gegenstand der Beratungsleistungen.

Die vertraglich vereinbarten Leistungen muss der Auftraggeber ordnungsgemäß und rechtzeitig erbringen und er ist im Rahmen der Vertragsdurchführung allgemeinen verpflichtet, auf die Rechtsgüter, Rechte und Interessen des Auftragnehmers Rücksicht zu nehmen, ihn z.B. über nahe liegende Risiken aufzuklären.

Pflichten aus dem Vertragsverhältnis

 

  •  Erbringung der vereinbarten Leistungen

  •  Rechtzeitige Leistung

  •  Fehlerfreie Leistung

  •  Allgemeine Rücksichtnahmepflichten

b. Verschulden
Verschulden beinhaltet Fahrlässigkeit und Vorsatz. Fahrlässig handelt, wer die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten vernachlässigt. Die Sorgfaltsanforderungen korrespondieren zu der Art der übernommenen Aufgabe und den damit verbundenen Risiken. Wer die Verantwortung für eine bestimmte Aufgabe übernimmt, muss die hierfür erforderliche fachliche Qualifikation erfüllen. Während der Pförtner am Werkseingang seinen Sorgfaltspflichten auch dann noch nachkommt, wenn er während der Arbeitszeit Zeitung liest, gilt dies für den Herzchirurgen im OP-Saal nicht mehr. Der Auftragnehmer muss die branchentypischen Risiken kennen, die vorhersehbare Schäden verhindern und die erforderlichen Sicherungsvorkehrungen treffen, auch wenn sie mit Unbequemlichkeit und Zeitaufwand verbunden sein mögen. Setzt er sich darüber hinweg, setzt er sich der Haftungsgefahr aus.

c. Schaden
Der zu ersetzende Schaden umfasst die Vermögenseinbuße, die der Auftraggeber infolge der Pflichtverletzung erlitten hat. Er ist in Geld so zu stellen, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Dazu kann auch ein entgangener Gewinn gehören, wenn der Auftraggeber nachweisen kann, dass er diesen Gewinn ohne den Schadenseintritt erzielt hätte. Bloße Ärgernisse und Zeitverluste sind hingegen keine ersatzfähigen Schäden.

2. Was ist Mängelgewährleistung?
Die Mängelgewährleistung spielt im Kauf- und Werkvertragsrecht eine Rolle, also bei den Verträgen, wo der Auftragnehmer einen konkreten Leistungserfolg erbringen muss. Die Mängelgewährleistung sichert das Interesse des Auftraggebers an dem Erhalt eines fehlerfreien Ergebnisses ab. Bei der Mängelgewährleistung kommt es auf ein Verschulden nicht an. Mängelgewähr leistet man immer, egal, wie viel man für den Mangel kann.

a. Mangel
Ein Mangel liegt in folgenden Fällen vor:
Die erbrachte Leistung hat eine andere Beschaffenheit als vereinbart.
Beispiel: Es wurde vereinbart, ein Werbeplakat mit gelbem Hintergrund zu entwickeln. Ein weißer Hintergrund wäre mangelhaft, sei er auch noch so schön.

Die erbrachte Leistung eignet sich nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung.
Beispiel: Der Auftraggeber bestellt ein Werbeplakat, welches er an der Außenfassade seines Geschäftslokals anbringen will. Ein Werbeplakat aus nicht witterungsbeständigem Material eignet sich für diese beabsichtigte Verwendung nicht und wäre mangelhaft.

Die erbrachte Leistung eignet sich nicht für die gewöhnliche Verwendung und weist nicht die übliche Beschaffenheit auf.
Beispiel: Das abgelieferte Werbeplakat ist grob verpixelt und enthält Rechtschreibfehler.

Die beiden erstgenannten Mängelkategorien stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den vertraglichen Vereinbarungen und Absprachen, die zwischen den Parteien getroffen geworden sind. Genauso wie beim Thema "Pflichtverletzung" sieht man auch hier, wie sehr es auf die Definition des Vertragsgegenstandes ankommt. Abweichungen vom vertraglichen Leistungsinhalt sind ein Schritt in Richtung Mängelgewährleistung und Haftung.

b. Rechte des Auftraggebers bei Mängeln
Im Falle eines Mangels steht dem Auftraggeber ein Nacherfüllungsanspruch zu. Die Nacherfüllung kann durch die Beseitigung des Mangels oder durch die Lieferung eines komplett neuen Leistungsergebnisses erfüllt werden. Die hierfür anfallenden Kosten hat der Auftragnehmer zu tragen.

Schlägt die Nacherfüllung fehl oder wird sie trotz erfolgter Fristsetzung durch den Auftraggeber nicht realisiert, so stehen dem Auftraggeber folgende Rechte zu:

 

  •  Er kann die Leistung selbst auszuführen oder durch einen Dritten ausführen lassen und dem Auftragnehmer die ihm entstandenen Aufwendungen ersetzt verlangen.

  •  Der Auftraggeber kann vom Vertrag zurücktreten.

  •  Der Auftraggeber kann die Vergütung mindern.

3. Zusammentreffen von Mängelgewährleistung und Haftung
Eine mangelhafte Leistung ist eine Pflichtverletzung. Solange dem Auftragnehmer kein Verschulden zur Last fällt und dem Auftraggeber kein Schaden entsteht, verbleibt es bei der Mängelgewährleistung. Hat der Auftragnehmer den Mangel verschuldet und ist dem Auftraggeber hierdurch ein Schaden entstanden, so ist dieser zu ersetzen.
Beispiel: Der Auftragnehmer liefert aus Schlampigkeit eine schlechte Druckvorlage bei der Druckerei ab. Die gedruckte Auflage ist komplett unbrauchbar. Die hierfür entstandenen Kosten kann der Auftraggeber als Schadensersatz geltend machen.

4. Kann man die Haftung vertraglich ausschließen?
Es wäre zu schön um wahr zu sein: Man schreibt in den Vertrag hinein, dass man für gar nichts haftet und Mängel das persönliche Schicksal des Auftraggebers sind und lehnt sich entspannt zurück. Die vertraglich verbriefte Narrenfreiheit kann es natürlich nicht geben. Was ein Vertrag aber leisten kann, ist eine ausgewogene und klare Risikoverteilung zwischen den Parteien.

a. Grenzen von Haftungsausschlüssen
Für vertragliche Haftungsausschlüsse muss man zwischen allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und solchen Verträgen unterscheiden, die individuell mit dem Auftraggeber ausgehandelt werden. Bei individuell ausgehandelten Verträgen gibt es für Haftungsausschlussklauseln keine rechtlichen Grenzen. Sie sind rechtlich wirksam – aber sie wirken auf den Vertragspartner nicht gerade seriös. In den AGBs sind Haftungs- und Gewährleistungsausschlüsse nur in sehr, sehr engen Grenzen wirksam, so dass es sich kaum lohnt, diese in die AGBs aufzunehmen.

b. Klare Festlegung des Vertragsgegenstandes
Die Kunst der Vermeidung von Haftungsrisiken in Verträgen besteht darin, Klarheit über den Vertragsgegenstand zu schaffen. Nur wenn der Auftragnehmer wirklich weiß, was gewollt ist, wie weit seine eigenen Pflichten gehen und welche Anforderungen an das zu liefernde Leistungsergebnis gestellt werden, kann er es vermeiden eine mangelhafte Leistung abzuliefern. Umgekehrt sichert er sich durch eine genaue Beschreibung seiner Pflichten dagegen ab, dass ihm mehr abverlangt wird, als er eigentlich vorhatte zu leisten. Vertragsklauseln, welche die Leistungen definieren, unterliegen dem strikten AGB-Recht nicht, auch wenn sie sich indirekt auf das Haftungsrisiko auswirken.

Der Kreativschaffende sollte sich vor Vertragsschluss folgende Fragen stellen:

 

  •  Was kann ich leisten?

  •  Was kann ich nicht leisten?

  •  Welche Risiken bestehen?

  •  Welche Risiken kann ich übernehmen?

Da, wie oben gesehen, auch die Verwendungsabsichten des Auftraggebers die Beschaffenheit des geschuldeten Leistungserfolges definieren, sollte diese, falls sich daraus Besonderheiten ergeben, mit in den Vertrag aufgenommen werden.

c. Verantwortlichkeiten aufteilen und Mitwirkungspflichten definieren
So viel Verantwortung man auf sich lädt, so weit geht auch die mögliche Haftung. Es ist daher nahe liegend, dem Vertragspartner einen Teil der Verantwortung abzugeben und ihn vertraglich zur Mitwirkung zu verpflichten.
Mitwirkungsleistungen können etwa so beschrieben werden:

 

  • Der Auftraggeber hat Materialien, die er für die Auftragsleistungen zur Verfügung stellt rechtzeitig und im geeigneten Format zu übergeben.

  •  Der Auftraggeber ist dazu verpflichtet, die von ihm zur Verfügung gestellten Materialien selbst auf ihre rechtliche Unbedenklichkeit und inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen.

  •  Der Auftraggeber hat die Entwürfe des Auftragnehmers unmittelbar nach deren Vorlage zu überprüfen und Beanstandungen möglichst frühzeitig und nachvollziehbar vorzutragen.

d. strukturierte Abnahmeregelungen Bei Werkverträgen über kreative Leistungen sollte in dem Vertrag festgeschrieben sein, dass die Leistungen in mehreren Phasen erbracht werden und nach jeder Phase die bis dahin erbrachten Leistungsergebnisse vom Auftraggeber abgenommen werden. Hierdurch wird erreicht, dass der Auftraggeber die Leistungen nachweisbar Schritt für Schritt als vertragsgemäß anerkannt, so dass sich die Mängel- und Haftungsrisiken nur noch auf die aktuelle Leistungsphase beschränken. Zur Bedeutung und Handhabe der Abnahme sei auf den Aufsatz "Die Abnahme beim Werkvertrag" verwiesen.

5. Schlussgeleit
Wie dieser Aufsatz hoffentlich gezeigt hat, sind Haftung und Mängelgewährleistung keine unvorhersehbaren Schicksalsschläge, sondern hängen sehr eng mit den vertraglich übernommenen Pflichten zusammen. Der beste Schutz vor Haftung und Mängelgewährleistung sind eine realistische Einschätzung dessen, was man selber kann und was man nicht kann und eine entsprechende deutliche Vereinbarung mit dem Auftraggeber.

© 2005 Katja Chudoba, Rechtsanwältini
Kanzlei Karsten & Chudoba

Unsere Partnerkanzlei Karsten & Chudoba beleuchtet regelmäßig branchenrelevante Themen in der aktuellen Rechtsprechung.


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