"Mauerblümchen sucht Fels in der Brandung..." - Urheberrechtlicher Schutz von Heiratsannoncen

Wir beginnen diesen Beitrag mit den besten Wünschen zum Neuen Jahr 2009! Gute Wünsche in beruflicher sowie privater Hinsicht erhält man in diesen Tagen von allen Seiten. Zum privaten Glück zählen die meisten in erster Linie eine glückliche Partnerschaft oder Ehe. Daher mag für manchen das Neue Jahr unter dem Motto "Neues Jahr - Neues Glück - Neue Liebe" stehen. Doch wie findet man letztere so "auf die Schnelle"? Die Partnersuche über Zeitungsanzeigen oder Internetplattformen ist im heutigen Zeitalter gängiger denn je. Um sich aus der Vielzahl von Anzeigen hervorzuheben und in ein paar Zeilen möglichst präzise den eigenen Typ und Vorstellungen des Zukünftigen zu beschreiben, ist bei der Verfassung des Anzeigentextes Kreativität und Schreibstil gefragt. Mit diesem Thema setzten sich im vergangenen Jahr nicht nur Partnersuchende, sondern auch Richter und Rechtsanwälte auseinander.

Eine Grundsatzentscheidung auf diesem Gebiet traf im November 2008 das Landgericht München I, welches darüber zu entscheiden hatte, ob eine Partnervermittlerin Urheberrechtsschutz bezüglich der für ihre Kunden verfassten Heiratsannoncen beanspruchen kann. Im zugrunde liegenden Fall übernahm eine Konkurrentin fast identisch den Anzeigentext zum Zwecke der Vermittlung von gemeinsamen Kunden, die zunächst bei der Klägerin und dann bei ihrer Konkurrentin Unterstützung suchten. Beide Heiratsvermittlerinnen sind auf die Kontaktsuche für die "oberen 10.000" spezialisiert und versuchten die Tochter aus bestem Industriellen-Hause sowie den Millionär an den Mann bzw. an die Frau zu bringen. Die klagende Heiratsvermittlerin entwarf einen individuellen Anzeigentext, um das Interesse potentieller Traumpartner für ihre Kunden zu wecken und damit den Weg zum Liebesglück zu ebnen. Nachdem dies nicht zum unmittelbaren Erfolg geführt hatte, wandten sich diese an die beklagte Heiratsvermittlerin, die eine fast gleich lautende Annonce schaltete. Erstere sah ihre Rechte an dem Anzeigentext verletzt und machte Ansprüche wegen Urheberrechtsverletzung geltend.

Nach Ansicht des Landgerichts München - zu Recht. Es handelt sich bei den streitgegenständlichen Annoncen um eine individuell-schöpferische Leistung, die als solche urheberrechtsschutzfähig ist. Auch die Argumentation der Beklagten, die Personenbeschreibung könne nicht als unzulässig übernommen gelten, weil bei der Beschreibung ein und derselben Person logischerweise ein nahezu identischer Text entstünde, greift nicht durch. Dies könnte bei einer reinen Darstellung faktischer Lebens- und Personendaten, z.B. einem simplen tabellarischen Lebenslauf, dem Urheberschutz entgegenstehen, nicht aber im Falle einer sprachlich kreativen, in Wortwahl und Stil auf den Adressatenkreis individuell zugeschnittenen Personencharakterisierung. Einfach gefasste Anzeigeninhalte wie "Rentner (1,79, 80 kg), sportlich, gutaussehend, junggeblieben sucht Frau mittleren Alters für gemeinsame Theaterbesuche" oder "Mausebär sucht Mausi" hätten vermutlich zu einer gegenteiligen Entscheidung des Gerichts geführt.

Es gilt somit für Heiratsannoncen das Gleiche wie für Werbeslogans oder Werbetexte im Allgemeinen: Sobald sie durch Sprachwahl, Einfallsreichtum und/oder Kreativität einen gewissen individuell-schöpferischen Gehalt erlangen und über den allgemeinen Sprachgebrauch oder reine Faktendarstellung hinausgehen, sind sie urheberrechtlich geschützt. Und abgesehen von der Sonderstellung als "Herzensangelegenheit" steckt auch nichts anderes dahinter. Sprachlich geschickt verpackt ist halb verkauft und zudem noch urheberrechtlich schutzfähig! Dies gilt übrigens auch für Werbetexte außerhalb des zwischenmenschlichen Bereichs.

© 2009 Rechtsanwältin Katja Chudoba
Kanzlei Karsten & Chudoba

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