Pausen, Überstunden, Fahrtwege – was gehört zur Arbeitszeit?

Sommerzeit ist Urlaubszeit. 

Das gilt leider nicht für alle von uns. Aber auch für die, die arbeiten müssen, stellt sich in Zeiten von Fußballeuropameisterschaft und Badewetter die Frage: Wie viel muss ich eigentlich arbeiten?  Bezahlte und unbezahlte Überstunden gehören schließlich für immer mehr Arbeitnehmer zum Alltag. Aber was ist eigentlich Teil der Arbeitszeit? Wo fängt sie an und wo hört sie auf? Und was passiert, wenn vor lauter Arbeit das ganze Jahr kein Urlaub in Sicht ist?

1. Arbeitszeit ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit exklusive der Ruhepausen.

Die Arbeitszeit beginnt und endet im Normalfall mit dem Beginn und dem Ende der Arbeitsleistung am Arbeitsplatz, z.B. dem Schreibtisch oder Computer. Alles andere kann nur durch eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber geregelt werden, zum Beispiel kann die Arbeitszeit schon in dem Moment beginnen, in dem der Arbeitnehmer das Betriebsgelände/Bürogebäude/Büro betritt. Der Regelfall ist das allerdings nicht.

Pausen, die nicht zur Arbeitszeit gerechnet werden, sind die Zeiten im Voraus festgesetzter Unterbrechungen der Arbeit. Eine Pause ist es also nur dann, wenn der Arbeitnehmer vorher weiß, dass er nicht für Arbeiten herangezogen werden kann.

2. Nachdem die Arbeitszeit erst beginnt, wenn der Arbeitnehmer an seinem Arbeitsplatz sitzt oder steht, kann der Eindruck entstehen: Auch die Fahrt von zu Hause an den Arbeitsplatz ist logischerweise keine Arbeitszeit. Das ist zwar meistens, aber eben nicht immer richtig. Es gilt nämlich nur, wenn der Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz im Betrieb hat und seinen Arbeitstag auch dort beginnt und beendet. Fahrten zwischen Büro und Kunden sind immer Arbeitszeit. 

Fährt der Arbeitnehmer direkt zu einem Arbeitsplatz außerhalb des Betriebs, ist es Arbeitszeit, sobald der Arbeitnehmer sein Haus verlässt. Das ist insbesondere bei Mitarbeitern im Außendienst wichtig, weil diese selten im Betrieb anzutreffen sind. Auch bei ihnen gilt: Die Fahrt zum ersten Kunden und die Fahrt zurück vom letzten Kunden sind Arbeitszeit. 

Etwas anderes kann bei Dienstreisen gelten, die nicht zu den Kerntätigkeiten des Arbeitnehmers gehören und die außerhalb der normalen Arbeitszeit stattfinden. 

3. Hat der Arbeitnehmer seine vertragliche Arbeitszeit erfüllt, tauchen in vielen Büros am Horizont die ersten Überstunden auf. Aber was ist das? Kann der Arbeitgeber sie einfach so anordnen? Und falls ja: muss er sie bezahlen? Überstunden sind zunächst sämtliche über die vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitszeiten. Sind in einem Arbeitsvertrag z.B. 40 Wochenstunden vereinbart, ist die 41. Wochenstunde die erste Überstunde. Und plötzlich ändern sich manche Dinge ganz erheblich. 

Anders als die Erfüllung der regulären Arbeitszeit kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer grundsätzlich nicht verlangen, Überstunden zu leisten. Es gibt allerdings zwei Ausnahmen: Entweder handelt es sich um einen echten Notfall (für den der Arbeitgeber nichts kann) oder es gibt im Arbeitsvertrag eine Klausel, die dem Arbeitgeber erlaubt, Überstunden anzuordnen. Das ist meistens der Fall und die Ausnahme wird so zur Regel. Sobald eine solche Klausel im Vertrag steht, kann der Arbeitgeber – im gesetzlich maximal zulässigen Umfang (10 Stunden täglich und pro halbem Jahr nicht mehr als 48 Wochenstunden im Schnitt) – Überstunden anordnen. 

Sind die Überstunden einmal angeordnet, stellt sich für den Arbeitnehmer schon die nächste Frage: Bekomme ich meine Arbeit auch bezahlt, oder schenke ich sie meinem Arbeitgeber? 

Einfach gesagt gilt auch hier: keine Arbeit ohne Lohn. Allerdings können Überstunden auch in Freizeit abgegolten werden. Das ist z.B. für Arbeitgeber interessant, bei denen zu bestimmten Zeiten besonders viel Arbeit anfällt, und zu anderen sehr wenig. 

Auch bei der Bezahlung gibt es die Möglichkeit, zu Lasten der Arbeitnehmer abweichende Regelungen in Arbeitsverträge einzubauen. Diese Regelungen sind zwar bei weitem nicht so häufig wie die Erlaubnis für den Arbeitgeber überhaupt Überstunden anzuordnen, ihre Auswirkungen können aber umso gravierender sein. Eine mögliche und früher sehr gebräuchliche Formulierung ist: „Vom Arbeitnehmer zu leistende Überstunden sind im gesetzlich zulässigen Umfang von der vereinbarten Vergütung umfasst.“

Diese Klausel ist unwirksam, weil der Arbeitnehmer nicht wissen kann, wie viele Stunden er für sein Gehalt tatsächlich arbeiten muss. Trotzdem kommt sie auch heute noch vor. Klauseln, nach denen 10-20% Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, können aber wirksam sein. Dabei kommt es darauf an, dass die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten wird und der Arbeitnehmer ein überdurchschnittliches Gehalt bekommt. Wie hoch das sein muss, entscheiden die Gerichte im Einzelfall.

4. Zu guter Letzt hat jeder Arbeitnehmer jährlich Anspruch auf Erholungsurlaub. Der gesetzliche Mindestanspruch beträgt bei einer Fünftagewoche 20 Urlaubstage pro Jahr. Arbeitet der Arbeitnehmer an mehr oder weniger Wochentagen, ist der Anspruch entsprechend anzupassen. Üblich ist es jedoch, dass dem Arbeitnehmer 25 bis 30 Arbeitstage Urlaub pro Jahr gewährt werden. Kann der Urlaub ausnahmsweise nicht bis zum Jahresende genommen werden, verfällt er nicht direkt. Er kann noch bis zum 31. März des Folgejahres aufgebraucht werden. In einzelnen Tarifverträgen sind auch längere Zeiträume vereinbart.

© 2016 Benjamin Wunderle - Fachanwalt für Arbeitsrecht

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