1. Wann Werkvertrag, wann Dienstvertrag?
Der Dienstvertrag verpflichtet zur Leistung der versprochenen Dienste.
Der Werkvertrag verpflichtet zur Herstellung des versprochenen Werkes.
Ein Werk herzustellen bedeutet, einen konkreten Leistungserfolg zu erzielen. Der Auftragnehmer hat ein fertiges Ergebnis abzuliefern. Beispiele für werkvertragliche Leistungen sind: Die Programmierung einer Website, die Gestaltung einer Anzeige, die Entwicklung eines Logos, die Herstellung eines Prospekts, die Erstellung eines Layouts.
Einen Dienst zu leisten heißt hingegen schlicht und einfach tätig zu sein. Beispiele für Dienstleistungen sind: Beratung, Durchführung von Organisations- und Planungsaufgaben, Programmierarbeiten für ein Projekt des Auftraggebers.
Inhaltlich kann es sich durchaus um dieselben Tätigkeiten handeln. Der Unterschied liegt einzig und allein darin, ob die Vertragspartner einen konkreten Leistungserfolg vereinbart haben oder ein bloßes Tätigwerden. Wer sich dazu verpflichtet hat, eine fertige Website zu programmieren, hat einen Werkvertrag geschlossen. Wer sich dazu verpflichtet hat, an der Erstellung einer Website mitzuwirken, hat einen Dienstvertrag geschlossen – auch wenn er in beiden Fällen programmiert.
Die Kernfrage für die Unterscheidung zwischen Werk- und Dienstleistungen lautet:
Wer trägt die Projektverantwortung?
Trägt sie der Auftraggeber, sind die Leistungen des Auftragnehmers Dienstleistungen. Trägt der Auftragnehmer die Projektverantwortung, erbringt er Werkleistungen.
2. Mängelgewährleistung und Haftung
a. Werkvertrag
Da der Werkvertrag zur Herstellung eines Werkes verpflichtet, ist der Vertrag erst dann erfüllt, wenn das Werk mängelfrei übergeben wird. Den Auftragnehmer trifft hier neben den allgemeinen Haftungspflichten, die aus jedem Vertragsverhältnis entstehen können, auch die Mängelgewährleistungspflicht. Er muss für die Fehlerfreiheit des gelieferten Werks gerade stehen.
Beispiel: Die programmierte Website funktioniert nicht.
Der Auftragnehmer muss nachliefern und nachbessern, bis sie funktioniert. Hat er den Fehler verschuldet (schlechte Programmierarbeiten), so muss er auch einen eventuell entstandenen Schaden ersetzen.
b. Dienstvertrag
Bei Dienstverträgen gibt es hingegen keine Mängelgewährleistung, da ja kein fertiges Werk übergeben werden muss und die Projektverantwortung beim Auftraggeber selbst liegt. Beim Dienstvertrag bleibt es bei der allgemeinen verschuldensabhängigen Haftung. Näheres zur Mängelgewährleistung und Haftung kann in dem gleichnamigen Dokument nachgelesen werden.
Beispiel: Die programmierte Website funktioniert nicht.
Beim Dienstvertrag kommt es nur darauf an, ob der Auftragnehmer den Fehler verschuldet hat; dann ist der eventuell entstandene Schaden zu ersetzen.
3. Fälligkeit der Vergütung
a. Werkvertrag
Der Honoraranspruch des Werkunternehmers entsteht erst dann, wenn das Werk mängelfrei übergeben und vom Auftraggeber abgenommen worden ist. Näheres zur Abnahme kann in dem Dokument "Die Abnahme beim Werkvertrag" nachgelesen werden. Der Werkunternehmer ist allerdings berechtigt, Abschlagzahlungen zu verlangen. Abschlagzahlungen sind jedoch nur bei in sich abgeschlossenen Teilen des Werkes möglich und diese Teile müssen dem Auftraggeber übereignet werden.
b. Dienstvertrag
Bei Dienstleistungen ist der Honoraranspruch sofort nach Erbringung der Leistungen fällig.
4. Kündigung
a. Werkvertrag
Beim Werkvertrag kann der Auftraggeber den Vertrag jederzeit ohne Angabe von Gründen kündigen. Dem Auftragnehmer steht in diesem Fall die vereinbarte Vergütung zu. Falls der Auftragnehmer durch die Kündigung Aufwendungen ersparen konnte, muss er sich diese Ersparnisse auf die Vergütung anrechnen lassen.
Welche Posten, die in die vereinbarte Vergütung eingerechnet waren, müssen abgezogen werden?
Projektbezogene Herstellungskosten, wenn sie nun entfallen
Personalkosten und Subunternehmerkosten, wenn sie nun entfallen
Materialkosten, wenn das Material kurzfristig anderweitig verwendet werden kann
Die eigene Arbeitskraft, wenn infolge der Kündigung andere Aufträge erledigt werden können
Der Auftragnehmer kann den Werkvertrag nach vorheriger Fristsetzung kündigen, wenn der Auftraggeber die ihm obliegenden Mitwirkungshandlungen unterlässt, also z.B. die ihm obliegenden Auswahlentscheidungen nicht trifft oder die von ihm zur Verfügung zu stellenden Materialien nicht übergibt.
b. Dienstvertrag
Bei Dienstverhältnissen ist für beide Vertragspartner die fristlose Kündigung nur aus wichtigem Grund möglich. Der Dienstleister kann im Falle der Kündigung die Vergütung für die bisher erbrachten Leistungen berechnen. Dieser Anspruch entfällt, wenn der Dienstleister den Anlass zur Kündigung aus wichtigem Grund gegeben hat und wenn die bisher erbrachten Leistungen für den Auftraggeber nicht von Interesse, also nicht verwertbar sind.
5. Fazit
Der Auftragnehmer muss sich zu Beginn des Auftragsverhältnisses die Frage stellen, ob er das Realisierungsrisiko, bzw. die Projektverantwortung übernehmen kann und will. Bei vielen Aufträgen stellt sich diese Frage erst gar nicht, weil es bei manchen Leistungen selbstverständlich ist, dass der Auftraggeber am Ende des Vertrages ein fertiges und mängelfreies Produkt in den Händen halten will.
Wenn dies aber nicht der Fall, etwa weil das Projekt längerfristig ist und der Auftraggeber die Planungs- und Realisierungshoheit im eigenen Haus behält, sollte der Auftragnehmer darauf achten, dass dies im Vertrag auch klar herausgestellt wird. Die vertraglichen Formulierungen lauten dann in etwa wie folgt:
Der Auftragnehmer unterstützt den Auftraggeber bei der Konzipierung und Durchführung der Werbekampagne. Die vertraglichen Leistungen des Auftragnehmers umfassen die strategische und konzeptionelle Beratung des Auftraggebers. Die Projektverantwortung für die Realisierung der Werbekampagne trägt der Auftraggeber.
© 2005 Katja Chudoba, Rechtsanwältin
Kanzlei Karsten & Chudoba
Unsere Partnerkanzlei Karsten & Chudoba beleuchtet regelmäßig branchenrelevante Themen in der aktuellen Rechtsprechung.